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Ab Barcelona in die Berge – Unterwegs durch Naturparks in Innerkatalonien

Der Titel umschreibt eine Fahrt von der katalanischen Hauptstadt Barcelona in die Pyrenäen. Sie führt durch Berg und Tal … und durch Naturparks. Unterwegs liegen wenig bekannte Dörfer und Städte und damit weite Teile Kataloniens, die vielen Reisenden meist verborgen bleiben – bis jetzt!

Wandern in Barcelona

Die katalanische Metropole hat ihre größtmögliche Ausdehnung erreicht – wachsen kann sie nur in die Höhe: Im Norden wie im Süden grenzt Barcelona jeweils an einen Fluss, den Besòs bzw. den Llobregat, sowie an Städte wie L’Hospitalet oder Sant Adrià. Im Osten stellt das Mittelmeer eine natürliche Grenze dar, im Westen der Gebirgszug Collserola.

Noch innerhalb der Stadtgrenzen erreicht man den ersten von diversen Naturparks auf dieser Route: mit über 10.000 Hektar und vielen Wanderstrecken gilt die „Serra de Collserola“ als Barcelonas „grüne Lunge“. Als perfekter Ausgangspunkt für diverse Wanderstrecken – die meisten eher leichteren Schwierigkeitsgrades – dient das Infozentrum an der Carretera de l’Església 92. Dorthin gelangt man mit den S-Bahnlinien S1 / S2, bis „Baixador de Vallvidrera“, und von dort 10 Minuten Fußweg. E-Mail-Adresse: ci@parccollserola.net.

Hinter den Bergen…

Gleich hinter der Collserola liegt Sant Cugat del Vallès, die erste Stadt, welche Autofahrer jenseits der Stadtgrenze von Barcelona auf der Autobahn C-16 – auch als „Túnels de Vallvidrera“ bekannt – passieren. Bemerkenswert an der Gemeinde ist das Kloster mitten in der Altstadt. Ein Stadtspaziergang sollte des weiteren an der im Jugendstil erbauten Kellerei Cèsar Martinell sowie an den einstigen Sommerresidenzen an der Avinguda de Gràcia vorbeiführen.

Eine Viertelstunde nach Verlassen Sant Cugats erreichen wir Terrassa. Im 19. Jahrhundert stellte die Kreishauptstadt des Vallès Occidental ein bedeutendes Zentrum der katalanischen Textilbranche dar. Inzwischen sind viele der ehemaligen, im Jugendstil gebauten Fabriken in Kulturzentren umgewandelt – etwa die ehemalige Fabrik „Vapor Aymerich“, die heute das Museum für Wissenschaft und Technik (Museu de la Ciència i de la Tècnica) beherbergt. Einen Besuch abstatten sollte man auch der Markthalle „Mercat de la Independència“ oder dem „Teatre Principal“, um nur einige bemerkenswerte Jugendbauten zu erwähnen.

Die elegante Masia Freixa fungiert als Tourismusbüro von Terrassa

Der zweite Naturpark entlang der Strecke: Sant Llorenç del Munt i l’Obac

Nördlich von Terrassa erstreckt sich das Naturschutzgebiet Sant Llorenç del Munt i l’Obac mit zwei Erhebungen von jeweils knapp 1.000 m: La Mola und Montcau. Naturliebhabern eröffnen sich in den Bergen und Tälern unzählige Möglichkeiten zum Wandern, von denen das Buch 22 camins de Sant Llorenç del Munt i l’Obac – wie der Titel vermuten lässt – beachtliche 22 Varianten mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden vorstellt. In den an Steineichen und Aleppokiefern reichen Wäldern dieses fast 14.000 Hektar großen Schutzgebietes sind u.a. Eichhörnchen, Habichtsadler und Salamander heimisch.

Auf dem Gipfel des Berges La Mola steht ein romanisches Kloster – ein weiterer Anreiz für Wandervögel. Der Fußmarsch vom Parkplatz La Mola im Dorf Matadepera hinauf dauert selten länger als 90 Minuten. Der Lohn: eine weite Aussicht über die Region! Am Ende der Wanderung lockt dort zudem ein Café-Restaurant, in dem man verschnaufen und neue Kräfte tanken kann!

Ausführliche Informationen zum Naturpark erhält man im Infozentrum an der Landstraße BV-1221 von Terrassa in Richtung Navarcles (Km. 14,8). Es ist immer werktags zwischen 9 und 14 Uhr geöffnet, und die E-Mail-Anschrift lautet p.santllorenc@diba.cat.

Unterwegs im Herzen Kataloniens

Die Landstraße BV-1221 durchquert den Naturpark in seiner Gänze von Terrassa und Matadepera im Süden bis Navarcles im Norden. Auf halbem Wege befindet sich das Dorf Talamanca. Dort wurde 1714 eine der letzten Schlachten des Spanischen Erbfolgekriegs auf katalanischem Boden ausgefochten, woran ein Denkmal für die katalanischen Kämpfer erinnert. Auch die Burgruine spricht ein beredtes Zeugnis der langen – und gerade im 18. Jahrhundert bewegten – Geschichte Kataloniens. Zwei weitere Highlights sind die Kirche Santa Maria und Talamancas anmutige Umgebung.

Mit dem Auto geht es weiter ins erwähnte Navarcles, in dessen Nähe sich das Zentrum Món Sant Benet befindet. Der Komplex besteht aus dem alten Kloster Sant Benet sowie einem innovativen Gastronomieinstitut auf dem neusten Stand der Kochtechnik.

Ab hier stehen zwei reizvolle Routen zur Auswahl: die eine nimmt ihren Ausgang im nahen Manresa – dessen enge Verbindung zur Gründung des Jesuitenordens legen wir an anderer Stelle ausführlich dar. Alternativ geht es in die Gegenrichtung mit Ziel Berga.

Die Route der Textilkolonien

Berga erreicht man über die C-16. Die Straße folgt dem Verlauf des Flusses Llobregat, der südlich von Barcelona ins Mittelmeer mündet, und ist landschaftlich wie historisch allemal reizvoll – vorbei an Feldern und Wäldern, Kirchen und Klöstern, Burgen und Landhäusern (in Katalonien als „Masies“ bekannt). Bei langen Spaziergängen kommen hier auch Wanderfans auf ihre Kosten. Unterwegs (das geht auch mit dem Auto) stößt man auf so manche alte Fabrik aus dem 19. Jahrhundert. Die meisten befinden sich in der Nähe von Gironella, Puig-reig und Avià.

In dieser einmaligen Konzentration an Industriesiedlungen wirkten und wohnten Tausende von Textilarbeitern. Die Kolonien waren alle ähnlich konzipiert: Auf einer Seite befanden sich die Fabrik und die Schleusen, Kanäle und Turbinen zur Umwandlung des Flusswassers in Energie. Auf der anderen Seite lagen die Wohnstätten der Arbeiter nebst dazugehörigen Einrichtungen: Kirchen, Schulen und Sportanlagen, Lebensmittelläden und Bäckereien, und woran es sonst noch Bedarf gab… Bedeutende Zeugnisse des katalanischen Industrialisierungsprozesses! Sehr aufschlussreich ist ein Besuch des Museums der Colònia Can Vidal in Puig-reig.

Von Lluçanès in die Pyrenäen

Östlich des Llobregats, also östlich der Landstraße C-16, liegt der Lluçanès. Das fast quadratische Hochplateau ist leicht auf Karten zu orten, hat es doch die Städte Berga, Ripoll, Vic und Manresa als Eckpunkte. Ein jedes seiner 13 Dörfer verfügt über gute Aussichtspunkte, vor denen sich einem die Schönheit der Region in ihrer ganzen Pracht ausbreitet. Landstraßen verbinden die Dörfer untereinander und erleichtern die Erkundung der regionalen Architektur, Geschichte und Kultur.

Von Berga aus geht es über die Straße BV-4241 in Richtung Westen. Auf dem Weg bergauf lassen wir rechter Hand den Bergzug Queralt liegen.

Heiligtum mit Aussicht

Auf 1.200 Meter Höhe befindet sich das Sanktuarium Santa Maria de Queralt aus dem 18. Jahrhundert – Urkunden datieren die Errichtung der ursprünglichen Kirche auf das Jahr 1386. Für die Wanderung zwischen dem Rathaus von Berga und dem Sanktuarium ist (bei 400 Meter Höhenunterschied) ungefähr eine Stunde zu veranschlagen. Am Ziel erwartet die Wanderer der „Balkon von Katalonien“, wie er im Volksmund heißt. Der Name erschließt sich von allein, wenn man die spektakuläre Aussicht vor sich hat!

Per Auto geht es zunächst am Skigebiet Rasos de Peguera vorbei und schließlich am markanten Massiv des Pedraforca, einem symbolischen Berg Kataloniens. Weiter geht es dann entlang des Stausees Llosa del Cavall: Kajak oder Stehpaddeln sind nur zwei der vielen sportlichen Aktivitäten, die man dort ausüben kann. Abenteuerlustige können sich dem Nervenkitzel des Bungeejumping hingeben. Vor Höhenangst sollte man allerdings gefeit sein: Der freie Fall beträgt stolze 122 Meter – einzig abgefedert durch ein (am Körper des Springers und an der Absprungplattform befestigtes) Gummiseil!

Letztes Etappenziel: La Seu d’Urgell

Am westlichen Ende des Stausees liegt Sant Llorenç de Morunys, eine kleine Gemeinde mit mittelalterlichem Flair. Dort nimmt die letzte Etappe mit Zielort La Seu d’Urgell in die Pyrenäen ihren Ausgang.

Auf zwei Wegen gelangt man – bei jeweils 90 Minuten Fahrzeit – in die nordkatalanische Kreisstadt nahe Andorra: Die C-14 führt durch das Dorf Organyà. Dort wurden Anfang des 20. Jahrhunderts die „Homilies d’Organyà“ entdeckt – das älteste in katalanischer Sprache verfasste Dokument. Hoch über der Gemeinde steht am Gipfel des Bergs Santa Fe die Kapelle „de la Santa“.

Die C-462 wiederum führt am Naturpark Cadí-Moixeró vorbei, in dem der bei Kletterern beliebte Pedraforca (2.497 m) liegt. Auch für Wanderer gibt es viele interessante Strecken – wen es nicht auf besagten Pedraforca zieht, den lockt eine 7-stündige Tour zur „Torreta del Cadí“ (2.562) oder aber die bequeme Strecke zum Aussichtspunkt „Cap del Ras“. Näheres erfährt man unter pncadimoixero@gencat.cat.

Wir sind am Ziel unserer Reise. Wer noch Zeit und Muße hat: Von La Seu d’Urgell lässt sich die Route weiter ins Arantal im Westen ausdehnen, womit wir uns anderenorts ausführlich beschäftigen.

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