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Costa Brava – Lleida: Auf Entdeckungstour vom Mittelmeer ins Innenland

Von der Costa Brava bis zur sogenannten „Terra ferma“, der Region um Lleida im Landesinneren Kataloniens, wechseln sich die Landschaften beständig ab. Es geht durch Berge und Ebenen mit kleinen Dörfern und mittelgroßen Städten, die im Laufe der Jahrhunderte einen katalanischen Charakter ausprägten.

Erste Etappe: Zwei Perlen an der Costa Brava

Begur ist besonders wegen seiner „cases d’indianus“ bekannt, prächtigen Häusern vermögender Kubarückkehrer aus dem 19. Jahrhundert. Auch aufgrund seiner geschäftigen Gassen in der Hochsaison. Und natürlich steht Begur für idyllische Strände wie Aiguafreda oder Buchten wie Sa Tuna!

Von Begur aus hat man einen schönen Blick auf einen Teil des Empordà © Ferran Porta

Hoch oberhalb Begurs thront eine Burg. Eins ist sicher: Von ihrem Hügel aus kann man die Stadt Lleida, den Zielort dieser Route, zwar nicht sehen. Nein. Trotzdem lohnt der Aufstieg: Die Aussichten über diesen Teil der Costa Brava reichen vom Naturschutzgebiet des Medesinseln bis zum sanften Montgrí-Gebirgszug vorbei an Pals, dem nächsten Zwischenstopp auf unserer Reise quer durch Nordkatalonien.

Eine Kleinstadt, in der die Zeit besonders langsam zu vergehen scheint

Zusammen mit Begur repräsentiert Pals die „Cittaslow“-Bewegung in Katalonien. Der italienische Begriff bezieht sich auf einen beschaulichen Lebensstil, den bestimmte Orte anstreben: ohne Hektik oder Eile, in Einklang mit der Landschaft und den Traditionen, unter Bevorzugung regionaler Produkte und lokaler Gastronomie. Das trifft auf Begur und Pals zu: friedliche Dörfer mit Lebensqualität – Lebensgenuss im „Schleichgang“.

Mittelalterlicher Charme

Das steht überhaupt nicht im Widerspruch zur Tatsache, dass Pals seinen Besuchern viel zu bieten hat: Seine von einer Stadtmauer umgebene Altstadt gilt als eine der malerischsten im gesamten Landkreis. Im Dorf selbst herrscht Naturstein vor: Häuser, Straßen, Plätze sowie natürlich besagte Mauer katapultieren einen direkt ins Mittelalter – eine ideale Kulisse für wunderbare Spaziergänge! (Bilder © Ajuntament de Pals)

So behauptete auch der katalanische Schriftsteller Josep Pla, der im benachbarten Palafrugell zur Welt kam und auch starb, in seinem Buch El meu país (Mein Land): „Pals verdient nicht nur einen, sondern hunderte Besuche – seine Lage bietet eine der schönsten, unvergesslichsten Landschaften im ganzen Land.“

Bunte Häuser am Onyar

Auf dem Weg nach Girona führt die Landstraße C-66 durch die Kreishauptstadt des Baix Empordà: La Bisbal d’Empordà hat sich einen Namen gemacht mit Keramikhandel. Ob Küchen- oder Dekorationsartikel, aus diesem Werkstoff findet sich in den hiesigen Geschäften alles Erdenkliche! Auch auffällig viele Antikläden sind in und rund um La Bisbal d’Empordà vertreten.

Bei Ankunft in Girona hat man bereits eine ganze Reihe mittelalterliche Dörfer hinter sich gelassen, deren historische Ortskerne einen Abstecher wert sind: Peratallada, Ullastret oder Palau-Sator, um nur ein paar zu nennen. Kleiner Tipp am Rande: genannte Orte können mit vorzüglichen Gourmetrestaurants trumpfen!

Die bunten Häuser am Fluss Onyar stellen wohlmöglich Gironas meistfotografiertes Motiv. Sie sind bei weitem nicht die einzige Attraktion der altehrwürdigen Stadt. So beeindruckt die mittelalterliche Stadtmauer mit ihrer erstklassigen Sicht auf die Altstadt. Erwähnenswert sind auch die arabischen Bäder oder die engen, bei Nacht etwas „mysteriös“ wirkenden Gassen des jüdischen Viertels. Die sechs Jahrhunderte jüdischer Stadtgeschichte beleuchtet eindrucksvoll Gironas Jüdisches Museum.

Girona ist zu jeder Zeit reizvoll, ganz besonders aber im Mai, wenn das alljährliche Blumenfestival Temps de Flors die Straßen und Plätze in ein buntes Blütenmeer verwandelt! Ein Fotomotiv schöner als das andere!

Während der „Temps de Flors“ (Blumenzeit) in Girona © Pere Duran

Durch die Guilleries in den Landkreis Osona

Unseren nächsten Zwischenstopp Vic erreichen wir auf der Autobahn C-25. Der Weg führt am Naturschutzgebiet Guilleries sowie an Sant Hilari Sacalm vorbei. Der von einem Sumpfgebiet umgebene malerische Ort gilt als „Stadt der 100 Mineralquellen“ – wovon man sich bei einem Stadtspaziergang selbst überzeugen kann: Seit dem 18. Jahrhundert spielt Wasser, dessen heilsame Eigenschaften viele Besucher anziehen, eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung der Kleinstadt.

Noch in Richtung Vic und kaum 20 km davon entfernt befindet sich Espinelves. Das Dorf organisiert jeden Dezember die populäre „Fira de l’avet“ (Tannenbaummarkt). Hunderte von Besuchern durchlaufen seine Gassen auf der Suche nach dem perfekten Weihnachtsbaum. Daneben wird Espinelves von vielen auch wegen des Arboretums angesteuert, ein Baumgarten mit 60 verschiedenen Nadelholzgewächsen – darunter ein 44 Meter hoher Mammutbaum!

Die katalanische Wursthauptstadt

Vic – der Hauptort des Landkreises Osona – gilt zugleich als „Hauptstadt“ der katalanischen Wurstwaren. Wie etwa die „Llonganissa de Vic“, eine Art Bratwurst aus Hackfleisch mit schwarzem Pfeffer. Sie wurde erstmals in einem Schriftstück aus dem 14. Jahrhundert erwähnt. Vics Wursttradition hält bis heute!

An Gründen, Vic einen Besuch abzustatten, mangelt es wahrlich nicht: Da wäre seine neoklassische Kathedrale. Oder der Tempel aus dem 1. Jahrhundert, der auf die römische Vergangenheit Vics – damals: Ausa – verweist. Ebenso sehenswert sind das „Bischöfliche Museum“ (Museu Episcopal) mit katalanischer Kunst des Mittelalters sowie der von Arkaden gesäumte Mercadalplatz.

Eine Alternativroute von Girona nach Vic führt auf den Landstraßen C-63 und C-37 durch das Bastal (Vall d’en Bas) mit schmucken Dörfern wie El Mallol und Els Hostalets d’en Bas. Unweit davon kann man sich die Beine auf den natursteingepflasterten Straßen von Rupit i Pruit vertreten!

Das bildhübsche Rupit i Pruit im Landkreis Osona © Raul2010 CC BY-SA 2.0

Auf den Spuren eines Heiligen: Der Ignatius-Weg

Manresa ist der nächste wichtige Halt auf unserer Reise nach Lleida. In der Stadt am geographischen Mittelpunkt Kataloniens hielt sich der Begründer des Jesuitenordens auf: Ignatius von Loyola. Fast ein Jahr verbrachte der 1622 heiliggesprochene Loyola in einer Grotte in Manresa, bevor er sich ins Kloster Montserrat begab. In Manresa endet der Ignatius-Weg, der die Pilgerfahrt des Heiligen Ignatius ab seiner baskischen Heimatstadt nachzeichnet.

Seine Glanzzeit erlebte Manresa, das nordwestlich des Naturparks Sant Llorenç del Munt liegt, im 19. Jahrhundert. Während der Industrialisierung – und dank seiner Lage zwischen den Flüssen Llobregat und Cardener – wuchs die Stadt zu einem wichtigen Zentrum der Textilindustrie heran. Majestätisch thront noch heute die Basilika Santa Maria auf ihrem Hügel mit weiten Ausblicken über die Stadt.

Santa Maria, auch „La Seu“ genannt, ist das wichtigste Baudenkmal Manresas © Of. de Turisme

Entlang des Flusses Llobregat führt die Route zum erwähnten Montserrat, und von dort geht es über die Autobahn A-2 nach Igualada. Lange Zeit war die Industriestadt ein wichtiges Zentrum der Lederverarbeitung. Die alten Textilfabriken aus dem 19. Jahrhundert sowie der „Rec“, ein kanalisierter Wassergraben von drei Kilometern Länge, der den Lederfabriken Wasser aus dem Fluss Anoia zuführte, gehören zum architektonischen und industriellen Erbe der Stadt. In aller Munde ist Igualada auch durch das „European Balloon Festival“, das alljährlich im Juli stattfindet.

Lleida: Land der Templer … und der Schnecken!

Die ungefähr 90 Kilometer zwischen Igualada und Lleida lassen sich bequem auf der Autobahn A-2 zurücklegen. Schon vor der Ankunft am Zielpunkt dieser Route erkennt man von weitem die Seu Vella – die alte Kathedrale – und die Burg La Suda auf ihrem Hügel oberhalb des Stadtzentrums. Beide blicken auf eine lange Geschichte zurück: La Suda entstand zu Zeiten der Sarazenen im 9. Jahrhundert, und die Fundamente der Seu Vella sind sogar noch älter, wenngleich die Kirche in ihrer jetzigen Form erst im 13. Jahrhundert entstand.

Der Stadthügel (auf den man bequem per Fahrstuhl gelangt) bildet den perfekten Ausgangspunkt für die Stadtbesichtigung – nebst weiten Aussichten auf Lleida und sein Umland.

Nicht minder interessant ist das Schloss Gardeny. Schon zu Zeiten der Römischen Republik, einige Jahrzehnte vor Christus, nutzte Julius Cäsar ihre strategisch günstige Lage als militärischen Stützpunkt. Das heutige Schloss wurde von den Templern im 12. Jahrhundert errichtet und zu späteren Zeitpunkten teilweise umgebaut. Zusammen mit den Burgen von Miravet und Tortosa, ebenfalls in Katalonien, sowie Montsó in Aragonien und Penyíscola in Valencia, gehört Gardeny zur Domus Templi-Route.

Lleida bietet weit mehr als bloß Monumente. Etwa eine kulinarische Tradition, die in Deutschland nicht so üblich sein mag, dafür umso mehr in Katalonien: Schnecken essen! Beim „Aplec del Caragol“ versammeln sich alljährlich im Mai rund 200.000 Menschen im Park Camps Elisis, um Schnecken zu kosten.

Tatsächlich bietet die Hauptstadt der Terra Ferma eine Menge Kultur. Eine Einführung dazu bietet die Webseite des lokalen Tourismusbüros in der zentralen Carrer Major 31. „Terra Ferma“ bedeutet übrigens so viel wie „fester Boden“, oder im übertragenen Sinne: „Festland“, ein augenzwinkernder Hinweis darauf, dass die Provinz Lleida als einzige der vier katalanischen Provinzen keinen Zugang zum Meer hat und rein binnenländisch ist …

Allen Leserinnen und Lesern ein herzliches bon viatge durch Kataloniens Herzland!

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