Alle Beiträge von Eva Hakes

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Einmal Antike und zurück – Tarragona mit Kindern entdecken

Tarragona gehört zu jenen Orten, die wie geschaffen sind für einen Citytrip mit der ganzen Familie. Der Faszination ihrer historischen Mauern werden sich selbst die größten Geschichtsmuffel nur mit Mühe entziehen können. Die bewegte Vergangenheit der Stadt, die vor etwa 2000 Jahren als das “Rom der Iberischen Halbinsel” galt, ist noch heute allgegenwärtig. Erfahrbar wird dies nicht nur bei einem Gang durch die Arena des monumentalen Römischen Circus oder einem Besuch des direkt am Meer gelegenen Amphitheaters, sondern auch bei einem Bummel durch die schattigen Gassen der Altstadt.

Doch Tarragona hat weit mehr zu bieten, als antike Mauern und Monumente. Das alte Stadtviertel El Serrallo lädt ein, die Atmosphäre eines traditionsreichen Fischerviertels und eine hervorragende Gastronomie zu genießen. Maritimes Flair und Fernweh deluxe kann man in Tarragonas modernem Hafen erleben. Wer zwischendurch einfach nur entspannen möchte, genießt die feinsandigen Strände oder nimmt an einer geführten Kajak-Tour für die ganze Familie teil. Sonst noch Wünsche? Dann lesen Sie weiter – denn all das ist nur der Anfang…

Das Amphitheater in Tarragona © Nuria Puentes

Sehenswürdigkeiten wie die Stadtmauer, das Provinzforum, der Römische Zirkus und das Amphitheater, die übrigens allesamt den Status “Unesco-Welterbe” tragen, sind bedeutende touristische Anziehungspunkte Tarragonas. Doch sie sind noch viel mehr. Die historischen Mauern der Stadt stehen im Zentrum zweier großer Festivals, die Tarragonas ganz besonderes Verhältnis zur Vergangenheit zum Ausdruck bringen.

 

Die Festivals der Geschichte

Regelmäßig im Juni findet das Festival Tarraco Viva statt und die Straßen füllen sich mit sorgfältig im römischen Stil bekleideten Bewohnern, die mehr oder weniger alltäglichen Aktivitäten des römischen Alltags nachgehen. Die Macher des Festivals sind übezeugt: Wer die Vergangenheit kennt, versteht die Gegenwart und hat die Chance, die Zukunft zu bestimmen.

Vor diesem Hintergrund bietet das Festival Reenactment vom Feinsten und gewährt den Besuchern faszinierende Einblicke in die unterschiedlichsten Aspekte der antiken Vergangenheit der Stadt, zum Beispiel in das militärische Leben, die Gladiatorenkämpfe, das Theater, die Schrift, die Küche, den Haushalt, das Ingenieurswesen und die Mode. Das ist einerseits lustig und spannend, andererseits ein Anstoß zum Nachdenken. Nicht selten kommen Besucher des Festivals zu dem Schluss, dass wir alle viel “römischer” sind als wir glauben.

Das Festival Història viva bietet an den Sommerabenden Vorführungen in mehreren historischen Anlagen, in denen Geschichte lebendig wird: Gladiatorenkämpfe, Musik aus dem alten Rom, Militärparaden im Amphitheater oder auch die Welt der Prostitution im Römischen Circus – Història viva entführt die Besucher der Stadt zu einer abenteuerlichen Reise in die Vergangenheit.

 

Ein Spaziergang durch das historische Viertel Part Alta

Aber natürlich kann man auch außerhalb der “Festival-Saison” Tarragonas Vergangenheit auf die Spur kommen. Großartig für Familien ist dabei, das man beinahe alles, was wichtig ist, auf einem gemütlichen Spaziergang erkunden kann. In den schattigen Gassen des historischen Viertels Part Alta gibt es viel zu entdecken. Zum Beispiel die Plaça del Font, Rathausplatz und Zentrum des Lebens in Tarragona, die sich über ein Kernstück des alten römischen Circus erstreckt, oder die bemalte Fassade an der Plaça dels Sedassos, die eines der meistfotografierten Motive des Altstadtviertels ist.

Der Spaziergang führt weiter durch die Carrer Major, die Carrer Cavallers und die Carrer del Comte mit den verzierten Säulengängen. Unbedingt sehenswert ist auch das große Modell von Tarraco auf der Plaça del Pallol, das die Stadt im zweiten Jahrhundert, dem Zeitalter ihrer größten Pracht, zeigt. Zu den Höhepunkten dieses Altstadtbummels gehört natürlich ein Besuch des Amphitheaters von Tarraco, das offen am Mittelmeer liegt und des nur wenige Schritte entfernten Circ, den man durch den Turm Torre del Pretori betritt. Ein weiteres Highlight für Familien ist ein Besuch der Casa de la Festa, in dem Figuren von Riesen, Zwergen und Bestien untergebracht sind, die am Festtag der Heiligen Tecla, Tarragonas großem Stadtfest, die Straßen bevölkern.

Der römische Circus in Tarragona © Imagen M.A.S.

Restaurants für Familien

Aber irgendwann ist es dann auch einmal Zeit, auszuruhen und etwas Leckeres zu essen. Ein schöner Platz für ein Essen mit der ganzen Familie ist das Restaurant Granotes Terrassa mit Blick aufs Meer und das Amphitheater. Ein etwa ebenso wichtiger Pluspunkt dieses Restaurants ist, dass es fernab vom Autoverkehr direkt an einem Spielplatz liegt. Wer es vorzieht, im Part Alta zu speisen, findet garantiert in einem der zahlreichen kleinen Restaurants zwischen Plaça del Font, Plaça del Rei und Plaça del Forum den perfekten Platz. Wem der Sinn danach steht, das Essen umgeben von antiken Mauern zu genießen, schaut im Pulvinar vorbei. Das Restaurant zählt zu den ältesten Pizzerien Tarragonas und ist auf den Überresten der Tribüne des römischen Circus errichtet.

Routen zur Geschichte Tarragonas

Das Tourismusbüro von Tarragona stellt außerdem verschiedene Routen bereit, die eine weitere Möglichkeit bieten, der Geschichte der Stadt auf die Spur zu kommen. Zu diesen gehört neben der Römerroute die mittelalterliche Route, in deren Zentrum die beeindruckende Kathedrale steht. Dort steht Informationsmaterial bereit, welches die Geschichte dieses geheimnisvollen Bauwerks auf kindgerechte Weise erklärt. Weitere spannende Einblicke in die Geschichte der Stadt bieten die Route der ersten Christen Tarragonas sowie die modernistische Route, die uns der Gegenwart wieder ein Stückchen näher bringt.

Kreuzgang der Kathedrale von Tarragona © Imagen M.A.S.

Das Fischerviertel El Serrallo

Der unverwechselbare Charakter von El Serrallo macht den besonderen Reiz dieses traditionsreichen Fischerviertels aus. Wer sich nachmittags gegen halb vier an der Mole einfindet, kann die vom Meer kommenden bunten Fischerboote beobachten, die nun hier anlegen. Bei einem Spaziergang durch El Serrallo lernt man Tarragona von seiner maritimsten Seite kennen. Die Straßencafés an der Moll de Pescadors laden ein, sich ein erfrischendes Getränk im Schatten zu gönnen und im Sommer gibt es hier einen Markt mit lauter Sachen, die kleinen Kindern Freude machen. Die tinglados, ehemalige Schuppen und Lagerhallen am Hafen, bilden eine reizvolle Kulisse für einen weiteren Spaziergang.

Wer sich für die Kunst des Fischfangs und die Geschichte des Hafens interessiert, besucht das Hafenmuseum. An den Sommerabenden werden von hier aus auch geführte Touren durch El Serrallo angeboten. Wer Tarragona in den Wintermonaten besucht, hat die Chance, im Hafen Marina Tarraco einige der größten Yachten der Welt zu sehen. Diese kann man zwar leider nicht besichtigen, dafür lohnt sich eine Bootsexkursion entlang der Küste mit Tarragona Blau. Schließlich bietet El Serrallo natürlich auch jede Menge Möglichkeiten, frisch gefangenen Fisch zu probieren. Die besten alten Fischerrezepte und dazu noch einen Kinderspielplatz findet man zum Beispiel im Restaurant Xaloc.

Tarragona – Strand und Meer

Wer Tarragona im Sommer besucht, wird irgendwann zweifellos auch den Strand genießen wollen. Strand und Meer lassen sich hier hervorragend mit einem geführten Kayakausflug für Familien verbinden, einem besonderen Bootsvergnügen, das in den Sommermonaten von KayakTarragona angeboten wird. Start ist der Yachthafen, wo man zuerst einige Grundlagen über das Kayakfahren lernt. Weiter geht es dann mit dem Kayak entlang der Küste zu den schönsten und verstecktesten Perlen der Costa Daurada. Zu den Höhepunkten zählen Punta del Miracle, Fortí de la Reina, Monumento a Sant Magí, Punta de l’Arrabassada und ein Bad im offenen Meer. Die Kayaktour ist leicht und bereits für Kinder ab sechs Jahren geeignet, wenn sie schwimmen können.

 

Der Ökohistorische Park Pont del Diable

Der Ökohistorische Park Pont del Diable ist insbesondere für Familien ein perfektes Ausflugsziel in unmittelbarer Nähe von Tarragona. Er beherbergt das Aquädukt de las Ferreres, im Volksmund auch Pont del Diable, “Teufelsbrücke” genannt, und damit eines der beeindruckendsten und besterhaltenen Monumente aus der römischen Epoche Tarragonas. Dieses Aquädukt durchzieht eine Landschaft, die in Unnachahmlicherweise den Naturraum des Mittelmeers mit seiner artenreichen Tier- und Pflanzenwelt repräsentiert. Zu den weiteren Highlights des Ortes gehört eine zauberhafte romantische Gartenanlage und ein Restaurant, das zum Verweilen einlädt.

Jeden ersten Samstag des Monat bietet der Ökohistorische Park ein eigens auf Familien zugeschnittenes Programm, bei dem große und kleine Gäste auf spielerische Weise die Natur, Kultur und Geschichte des Ortes erkunden können. Dabei entdecken sie die verborgenen Winkel der romantischen Gärten, wandeln auf römischen Spuren, erleben die Kraft der aromatischen Pflanzen des Mittelmeerraumes und schließen Bekanntschaft mit den Tieren, die hier leben. Weitere Infos finden Sie hier.

El Pont del Diable © Pep Escoda Borràs

Ausflugsziel Jungle Trek

Wer sich richtig austoben und dabei einen prickelnden Adrenalinrausch erleben möchte, findet vielleicht eher im Jungle Trek sein perfektes Ausflugsziel. Der Hochseilgarten im Wald von Tamarit bietet verschiedene Parcours mit Seilrutschen, Lianen und Seilschaukeln, die gerade kleinen Wildlingen die perfekte Kulisse für ausgiebigen Naturgenuss bieten.

Tipp: Minipop-Festival
Wer Anfang Juni mit der Familie nach Tarragona reist, hat die Chance das Minipop Festival mitzuerleben. Das bekannte Musik- und Kulturfestival für die ganze Familie verspricht drei erlebnisreiche Tage voller Konzerte, Kreativ-Workshops, Kino, Theater und Spielen für die ganze Familie. Location ist unter anderem das direkt am Meer gelegene Amphitheater von Tarragona. Der Eintritt umfasst Besichtigungen und Aktivitäten in den historischen Monumenten und besondere Preisnachlässe für Übernachtungen und Restaurants. Info unter www.minipop.cat.

 

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Liebe und Literatur in Barcelona

Wenn Sie Ihren Todestag gerne in guter Gesellschaft feiern möchten, dann wäre der 23. April zweifellos ein geeignetes Datum. An einem 23. April gingen nicht nur der katalanische Nationalheilige und „Drachentöter“ Sant Jordi, sondern auch zwei Giganten der abendländischen Literatur von uns. Aber natürlich möchten wir Ihnen hier nicht nahelegen, den drei Berühmtheiten nachzufolgen, sondern mit uns zu feiern: Den Tag der Liebenden, den Tag der Literatur und natürlich den Tag des unvergesslichen Sant Jordi. Wie das alles zusammenhängt, erfahren Sie hier…

Bald ist es wieder so weit. Zur Diada de Sant Jordi füllen sich die Straßen Barcelonas mit Blumen und Büchern, mit frisch Verliebten, Literaten und Buchliebhabern. Die Stadt feiert den romantischsten aller katalanischen Feiertage, zelebriert die Liebe zum Buch und lädt ein, lokalen und internationalen Helden der Literatur auf ausgesuchten Routen durch die Stadt zu folgen. Das Programm enthält Leckerbissen für unterschiedlichste literarische Geschmäcker. Doch bevor wir näher darauf eingehen, sei an dieser Stelle noch einmal kurz daran erinnert, weshalb Liebe, Literatur und der Nationalheilige Sant Jordi am 23. April in Katalonien ein so unzertrennliches Dreiergespann bilden…

Am 23. April kam es zu einer schicksalhaften Häufung bemerkenswerter Ereignisse, die eng miteinander verknüpft sind und dem  Frühlingsfest Diada de Sant Jordi seine ganz einzigartige Form gaben. Hier eine kurze Darstellung der frappierenden Details:

 

Rosenverkauf zum Diada de Sant Jordi @ Departament de Presidència de la Generalitat de Catalunya


1.) Der Traum der Blumenhändler oder „Die Legende von Sant Jordi“
Am 23.4.303 stirbt der Ritter Sant Jordi im Nahen Osten den Märtyrertod. Bevor es so weit kam, hatte er gerade noch rechtzeitig das katalanische Dorf Montblanc erreicht, um eine schöne Prinzessin vor einem Drachen zu retten, der seit Jahren immer neue Menschenopfer forderte. Als Sant Jordi dem Ungeheuer seine Lanze ins Herz stieß, schoss ein Blutschwall zur Erde, aus dem sofort ein wunderschöner Rosenbaum wuchs. St. Jordi schenkte der Prinzessin eine Rose, lehnte eine Hochzeit dankend ab und ritt seiner letzten Bestimmung entgegen.

Aus diesem Grund werden schon seit dem 15. Jahrhundert in Katalonien am 23. April Rosenfeste zu Ehren der Liebenden gefeiert. Und so ist es auch heute noch Brauch, seiner Liebsten an diesem Tag Rosen zu schenken. Das freut natürlich nicht nur die Liebste, sondern auch die Blumenhändler. Am 23. April füllen zahllose Menschen und zahllose Blumenstände die Straßen. Doch ein entscheidendes Detail fehlt noch. Denn an diesem Tag gehen Liebe und Literatur eine geheimnisvolle Liaison ein. Eine Tatsache, die sich letztlich unter anderem einer besonderen Form europäischer Uneinigkeit verdankt.

„Die Legende von Sant Jordi“ in Montblanc ©Oriol Llauradó

2.) Konkurrierende Kalender und „Der Tod der Dichter“
Am 23.4.1616 starb Miguel de Cervantes Saavedra. 10 Tage später starb William Shakespeare ebenfalls am 23.4.1616. Wie sowas möglich ist? Knapp 400 Jahre, bevor die Einzelheiten des europäischen Zusammenlebens durch rund 21.000 EU-Verordnungen und Richtlinien geregelt wurden, kam es gelegentlich auch auf den grundlegendsten Ebenen zu Unregelmäßigkeiten: Als Shakespeare starb, galt in Großbritannien noch der Julianische Kalender, während sich in Spanien bereits der Gregorianische Kalender etabliert hatte.
3.) Der Tag der Liebenden als Welttag des Buches
Sei’s drum, ebenso wie Sant Jordi starben die beiden Giganten der europäischen Literatur an einem 23. April. Natürlich waren die Katalanen die ersten, denen dieses erstaunliche Zusammentreffen ins Auge fiel. Sie ernannten den 23. April zum Tag des Buches, eine Anregung, die sie später an die UNESCO weitergaben, weshalb der 23. April seit 1995 der Welttag des Buches ist. Dieser wird allerdings nirgendwo mit so viel Enthusiasmus begangen wie in Katalonien. So ist das klassische Geschenk der Frau für den Mann am Tag der Liebenden ein Buch und die Straßen füllen sich am 23. April mit ebenso vielen Bücher- wie Blumenständen. Und das ist erst der Anfang, denn an diesem Tag erobert die Literatur die Straßen und von dort aus die Herzen ihrer Bewohner und Besucher.
Die Diada de Sant Jordi in Barcelona
Wie so oft nimmt Barcelona auch im Rahmen der Feierlichkeiten der Diada de Sant Jordi eine Sonderrolle ein. Kein Wunder schließlich ist der selbstlose Ritter hier allgegenwärtig. Als Nationalheiliger ziert er zum Beispiel die Fassade des Palau de la Generalitat im Gotischen Viertel, in der märchenhaften Casa de les Punxes verrät eine audiovisuelle Installation faszinierende Details über die Heiligenlegende und die Casa Batlló, Gaudís architektonische Hommage an den Drachen und dessen Bezwinger, trägt nicht umsonst den Beinamen „das Drachenhaus“. Zur Feier der Diada de Sant Jordi wird dessen Fassade mit Rosen bedeckt sein und im Inneren wird es Blütenblätter regnen. Um alle Elemente der Legende in die Gegenwart zu transportieren, wird es auf der Straße außerdem eine solidarische Blutspende-Aktion geben.
Nicht nur Sant Jordi, auch die Literatur ist in Barcelona allgegenwärtig. Am 23. April zieht sie hinaus auf die Straßen – und das nicht nur in Form von Bücherständen. Leidenschaftlich Lesende haben an diesem Tag auch die Gelegenheit, ihre liebsten Bücher von deren Autoren signieren zu lassen und es gibt in vielen Vierteln der Stadt ein breitgefächertes literarisches Programm. Das Zentrum der Feierlichkeiten liegt im Umkreis des Passeig de Gràcia, Rambla Catalunya und La Rambla.
Wer noch tiefer in die Erinnerungen, Geschichten und Fantasien des literarischen Barcelona eintauchen möchte, dem seien die Routen auf den Spuren großer Schriftsteller und Romanhelden ans Herz gelegt.

Bücherständen in Rambla Catalunya ©Oriol Llauradó

Das Gotische Viertel auf den Spuren von Cervantes und Don Quixote
Miguel de Cervantes ist nicht nur eine der Referenzfiguren der Diada de Sant Jordi, er ist auch der Protagonist einer literarischen Route durch das Gotische Viertel von Barcelona. Diese beginnt an der Kathedrale, welche die Statue des Christus von Lepanto beherbergt. Bei der Seeschlacht von Lepanto im Jahr 1571, in welcher die christlichen Mittelmeermächte als „Heilige Liga“ das Osmanische Reich bekämpften, war diese Skulptur der Legende nach zugegen. Darüber hinaus war auch der junge und kampfeslustige Miguel de Cervantes zugegen, der als einfacher Soldat in der Schlacht kämpfte und dabei zwei Schusswunden in der Brust und eine dauerhaft entstellte linke Hand davontrug. Die rechte, mit der er schrieb, blieb – dem Himmel sei Dank – verschont.
Und so schenkte der reifer gewordene Haudegen Cervantes der Welt nicht nur den ersten modernen Roman, sondern auch einige literarische Gestalten, die eine Entsprechung im realen Leben hatten. Zu diesen gehört zum Beispiel jener berühmte Bandit, nach dem die nahe der Kathedrale gelegene Allee Perot lo Lladre benannt ist, den Cervantes in Roque Guinart umbenannt hat. Nächster spannender Punkt auf dieser Route ist die auf Cervantes-Literatur spezialisierte Biblioteca de Catalunya.
Weiter geht es zum Schifffahrtsmuseum von Barcelona an den ehemaligen Königlichen Schiffswerften. Hier ist die Galeere zu sehen, die während der Schlacht von Lepanto vom Oberbefehlshaber der Heiligen Liga, Juan de Austria kommandiert wurde. Ganz in der Nähe, am Ende der Rambla hinter dem Columbus-Denkmal, liegt das Gebäude Passeig de Colon, 2, in dessen dritter Etage der Legende nach Cervantes gelebt hat. Der Spaziergang endet am Gebäude der Facultat de Nàutica. Von hier aus eröffnet sich der Blick auf das Meer, das Don Quijote in Barcelona zum ersten Mal sah und auf jenen Strand, an dem der Ritter vom weißen Mond unseren weltberühmten Ritter von der traurigen Gestalt vom Pferd stieß.
George Orwells Barcelona
Die zweite literarische Route startet mitten im Zentrum Barcelonas und ist einem der großen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts gewidmet: George Orwell.
Wer an Orwell denkt, denkt wohl zunächst an dessen berühmte Dystopien Farm der Tiere und 1984. Sein Buch Mein Katalonien dokumentiert hingegen die Realität jenes Krieges, die er im Barcelona des Jahres 1936 erlebte. Angereist als Journalist und Kriegsberichterstatter, wurde Orwell schon bald von den Wogen der Revolution mitgerissen und schloss sich einer antifaschistischen Miliz an, um im republikanischen Lager zu kämpfen. Mein Katalonien verarbeitet seine „von innen heraus gewonnenen“ Einblicke in das damalige Kriegsgeschehen. Die Route durch Barcelona auf den Spuren George Orwells führt zu jenen Orten, die in diesem Zusammenhang besonders bedeutsam waren:
Die Route beginnt an der Plaça Catalunya. Hier hatte die Kommunistische Partei damals ihr Hauptquartier im Hotel Colón (das heute nicht mehr existiert), während der Hauptsitz der Anarchistischen Vereinigung CNT im Telefónica Gebäude lag. Von hier aus führt der Weg zum Hotel Continental, in dem Orwell damals untergebracht war. Es war gerade von der lokalen Regierung entprivatisiert worden und Orwell notierte erstaunt „Es war das erste Mal, dass ich in einer Stadt war, in der die Arbeiterklasse das Sagen hatte.“
Kurz dahinter liegt das Hotel Rivoli mit der Hausnummer 128, damals Hauptquartier der Marxistischen Partei (POUM). Orwell gehörte zu den Männern, die damals zur Verteidigung des POUM-Sitzes am Theater Poliorama postiert waren. Auch das in diesem Zusammenhang von Orwell erwähnte, nebenan gelegene Café Moka existiert – in stark modernisierter Forme – noch heute. Wenn man von hier aus in Richtung Raval weiterläuft, erreicht man schließlich die Plaça George Orwell.
„Die Stadt der Wunder“ und mehr: Der Südwesten Barcelonas
Eine weitere empfehlenswerte Route verläuft durch zwei Viertel im Südwesten der Stadt. Die Plaça Santa Madrona im Poble Sec bildet das Setting einer Kurzgeschichte des bekannten Barceloneser Autors Quim Monzó, am Hügel des Montjuïc porträtierte Juli Vallmitjana das „Zigeunerleben“. Auch Eduardo Mendozas Roman Stadt der Wunder nimmt diese Ecke der Stadt ganz genau unter die Lupe. Folgen Sie den Spuren des Protagonisten Onofre Bouvila, der sich vom armen Jungen vom Lande zum reichsten Mann Spaniens aufschwingt, und erkunden Sie zum Beispiel den Parc de la Ciutadella. Hier, wo einst eine militärische Festung stand, befinden sich heute das katalanische Parlament und der Zoo.
Weiter geht es zur Plaça Espanya und weiter über die Avinguda Reina Maria Cristina zum Palau Nacional, in dem das Museu Nacional d’Art Catalunya untergebracht ist. Von hier aus bietet sich ein unglaublicher Panoramablick. Wer den Handlungsverlauf von Mendozas Roman Stadt der Wunder vor Augen hat, der den Wandel der Stadt zwischen 1888 und 1929 nachzeichnet, wird mit besonderem Interesse auf diesen eigens für die Weltausstellung 1929 errichteten Teil der Stadt schauen. Der beste Ort, um diese literarische Route zu beenden, ist natürlich die Festung am Montjuïc.

 

Buchsignierung © Oriol Llauradó

Tipps:

Geführte LiteraTouren zur Diada de Sant Jordi
Anlässlich der Diada de Sant Jordi bietet Icono Serveis Culturals 2,5stündige geführte Touren (spanisch und englisch), die in die großen „Romanwelten“ Barcelonas führen. Die Tour zu Ildefonso Falcones Die Kathedrale des Meeres findet am 16., 22. und 30. April statt. Carlos Ruiz Zafóns Roman Der Schatten des Windes ist eine Tour am 15., 22. und 29. April gewidmet.
Die schönsten Bibliotheken und Buchhandlungen
Barcelona bietet seinen Besuchern nicht nur Routen zur Literatur und zahllose literarische Events, sondern auch eine Vielzahl schöner Buchhandlungen und Bibliotheken, von denen einige echte Sehenswürdigkeiten sind.
Ein herausragendes Beispiel ist die Biblioteca de Catalunya im Raval, die in einem gotischen Gebäude untergebracht ist, das vormals das Hospital de la Santa Creu beherbergte. Auch die Biblioteca Jaume Fusta wäre allein aus ästhetischen Gründen bereits einen Besuch wert. Das Gebäude im Viertel Gràcia erhielt 2006 den spanischen Architekturpreis FAD. Interessant ist auch ein Besuch der Stadtbücherei Can Rosés in Les Corts. Sie ist in einem alten Bauernhaus untergebracht, das an die ländliche Vergangenheit des Ortes erinnert und heute unter Denkmalschutz steht. Ebenfalls interessant: die Biblioteca Pública Arús im Eixample, die eine Nachbildung der Freiheitsstatue hütet.
Barcelona, Stadt der Literatur
Literatur ist in Barcelona allgegenwärtig. Die Stadt ist nicht nur Schauplatz zahlloser berühmt gewordener Romane, sie ist auch ein Ort, an dem Literatur seit jeher gepflegt wurde. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert zum Beispiel fanden berühmte spanischsprachige Schriftsteller wie Gabriel García Marquez und Mario Vargas Llosa hier einen Ort, an dem sie frei von Zensur ihrer literarischen Berufung nachgehen konnten.
Ihre legendär gewordene katalanische Literaturagentin, Carmen Balcells, revolutionierte die klassische Form des Autorenvertrags zu Gunsten der Schriftsteller, löste durch ihre Arbeit in den 60er Jahren den Boom der lateinamerikanischen Literatur aus und wurde noch zu Lebzeiten zur literarischen Figur in Werken von Größen wie García Marquez und Max Aub. Erstaunliche Geschichten wie diese stehen hinter der Tatsache, dass Barcelona bis heute zu den weltweit wichtigsten Zentren des Verlagswesens zählt und im UNESCO Creative Cities Network den Platz der „Stadt der Literatur“ einnimmt.
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Dem Frühling entgegen – Wandern ohne Gepäck auf dem Camí de Ronda ®

Endlich ist es so weit: In Windeseile entfaltet sich das frische Grün an den Zweigen der Bäume, an Büschen und Sträuchern ploppen im stündlichen Rhythmus neue weiße und rosige Blüten auf und die Vögel pfeifen es schon ab morgens um vier von den Dächern: Es wird Frühling! Zeit aufzubrechen und der Sonne entgegen zu reisen, Zeit für eine einzigartige Wanderung an der Costa Brava!

Dass touristische Zentren wie Lloret de Mar und Platja d’Aro ihren Besuchern die Möglichkeit bieten, auf Küstenwanderwegen die nahezu unberührte Natur der Costa Brava zu erkunden, haben wir bereits berichtet. Inzwischen ist die „Wilde Küste“ noch wanderbarer geworden. Mit dem Camí de Ronda® gibt es nun einen Wanderweg, dessen Infrastruktur exakt auf die Bedürfnisse von Wanderern zugeschnitten ist, die mehr als nur einen Spaziergang oder eine Tageswanderung an der Costa Brava machen wollen.

Calella de Palafrugell © Daniel Punseti Arxiu Camí de Ronda

 

 

Ein Weg – zwei Varianten

Camí de Ronda®umfasst eine lineare Route von 43 Kilometer Länge, die in Sant Feliú de Guíxols beginnt und im kleinen Fischerdorf Begur endet sowie eine Rundroute mit einer Gesamtlänge von 140 Kilometern, deren Start- und Endpunkt Girona ist. Beide Routen zeigen die Landschaften der Costa Brava von ihrer schönsten Seite.

Über weite Strecken ist man hier auf schmalen Pfaden unterwegs, die nur zu Fuß zu bewältigen sind. Sie sind für Wanderer aller Fitnesslevel geeignet, da die Länge der jeweiligen Tagesetappen frei gewählt werden kann. Aufgrund von Unebenheiten, Anstiegen und Gefälle ist allerdings immer wieder einmal eine gewisse Trittsicherheit nötig. Andere Teilstrecken sind hingegen völlig flach und leicht zu erwandern. Wer mag, organisiert seine Wanderung ganz auf eigene Faust. Wer es sich etwas leichter machen möchte, bucht Hotels oder Pensionen der gewünschten Kategorie und den Gepäcktransfer aus einer Hand bei  Camí de Ronda®.

Wandern mit Blick aufs Mittelmeer © Daniel Punseti – Arxiu Camí de Ronda®

 

 

Zu jeder Jahreszeit

Einer der großen Vorzüge dieses Weges ist es, dass er zu jeder Jahreszeit wanderbar ist – und auch zu jeder Jahreszeit einen besonderen Reiz hat. Im Frühling leuchten hier die Blumen in allen Farben, im Sommer verführt das Mittelmeer zu häufigen Erfrischungspausen. Das Herbstlicht zaubert einen rotgoldenen Schimmer auf die Felsen der Steilküste und der Winter ist die Gelegenheit, die Costa Brava von ihrer wildesten, stillsten und ursprünglichsten Seite kennenzulernen.

 

 

Auf alten Wegen

Übrigens folgt man auf dem Camí de Ronda® keinen neu angelegten Pfaden entlang der Costa Brava, sondern einem historischen Weg, der wohl weit über tausend Jahre alt ist. Er war nicht nur seit jeher ein Kommunikationsweg zwischen den kleinen Ortschaften, Buchten und Stränden der zerklüfteten Küste, sondern auch der „Rettungsweg“, der es im Notfall ermöglichte, Schiffbrüchige und Schiffsladung schnellstmöglich zu bergen. Ab dem 19. Jahrhundert drehten die Patrouillen der Grenzwache hier ihre Runden, die dem Camí de Ronda seinen Namen gaben. Ihre Aufgabe war es, Schwarzhändler und Schmuggler an der Ausübung ihres Handwerks zu hindern.

Ob nun zur Rettung von Schiffbrüchigen oder zur Rettung der staatlichen Ordnung, der Camí de Ronda bot seit jeher beste Aussichten über die Küste und das tut er auch heute noch. Aber natürlich gab es auch Winkel und Ecken, die den Blicken der patroullierenden Grenzwache verborgen blieben. An eben diesen Orten, die vom Meer aus recht leicht zugänglich, aber vom Lande aus kaum einzusehen waren, versteckten die Schmuggler ihre buntgemischten Waren von Tabak über Penicillin bis zu Seidenwäsche und Schminketuis. Die heute berühmtesten dieser Verstecke lagen zwischen Begur und Palamos und damit genau auf dem Kernstück des heutigen Camí de Ronda ®

Weite Blicke über die Küste sind ein Markenzeichen des Camí de Ronda © Daniel Punseti Arxiu Camí de Ronda

 

 

Ein Weg voller Höhepunkte

Dieser ist übrigens nicht mit dem Fernwanderweg GR 92 zu verwechseln, der ebenfalls entlang der Küste verläuft und immer wieder einmal mit dem Camí de Ronda® zusammentrifft. Letzterer verläuft jedoch in seiner linearen Version durchgängig auf den historischen Pfaden des Camí de Ronda und führt zu den schönsten Stränden und Buchten der Costa Brava. Höhepunkte sind unter anderen die Cala del Pi, das Cap de Planes, el Crit und die idyllische Sandbucht  von Aiguablava.

Die Rundroute Camí de Ronda® ist der erste Wanderweg, der die Provinzhauptstadt Girona mit der Küste verbindet. Neben den Landschaften der Küste kann man auf dieser etwa 8-tägigen Tour auch die Gebirgsmassive von Gavarres und l’Ardenya sowie die Ebene des Empordà erkunden. Über 80 Prozent des Weges führt durch Naturschutzgebiete. Seine kontrastreichen Etappen verbinden Meer und Gebirge, die schroffen Klippen der Costa Brava, mittelalterliche Dörfer, paradiesisch anmutende Strände und natürlich die Stadt Girona mit ihrer fasziniernden Architektur und Geschichte.

Calella de Palafrugell – einer der schönsten Fischerorte der Costa Brava © Daniel Punseti Arxiu Camí de Ronda

 

 

Nachhaltig und komfortabel

Die Macher des Camí de Ronda® sind zurecht stolz darauf, einen Weg gefunden zu haben, ihren Gästen auf nachhaltige Art die Costa Brava in ihrer ganzen Schönheit und Ursprünglichkeit zugänglich zu machen. Und die Wanderer können sich freuen: Sie dürfen hier auf tausendjährigen Wegen wandern und sich gleichzeitig an modernstem Wanderkomfort erfreuen. Je nach Bedarf können GPS-Geräte oder die Begleitung eines Wanderführers gebucht werden und neben den Gepäcktransfers besteht auch die Möglichkeit, sich selbst zum gewünschten Start- oder Zielpunkt einer Etappe chauffieren zu lassen.

 

 

Pssst…

Exklusiv für unsere Leser haben wir mit dem Urheber des Camí de Ronda®, Daniel Punseti, gesprochen und ihn nach den schönsten Plätzen und den besten Restaurants am Weg gefragt. Damit haben wir ihn mit zwei schwer zu beantwortenden Fragen konfrontiert, denn „alle Abschnitte des Weges sind ganz unterschiedlich und verlaufen durch verschiedenartige Landschaften, die alle ihren eigenen Reiz haben.“ Besonders gut gefällt Daniel jedoch der Abschnitt von Palamós nach Tamariu mit seinen unberührten Naturlandschaften, in denen die Zeit still zu stehen scheint.

Die Frage nach dem besten Restaurant war natürlich noch gemeiner, denn wie wir wissen, wimmelt es an der Costa Brava von hervorragenden Restaurants. Dennoch empfiehlt uns Daniel ausdrücklich das Clot dels Mussols in Tamariu, wo es den allerbesten „arròs negre de Palafrugell“ gibt. Diesen dürfen wir übrigens auf gar keinen Fall mit Paella verwechseln, die zwar an vielen Orten der Costa Brava angeboten wird, aber kein typisches Gericht der Region ist.

Ganz im Gegensatz zum arrós negre, dem schwarzen Reis, der hier eine tief verwurzelte Tradition hat. Ahnen Sie, woher der Reis sein Farbe hat? Wenn Sie auf die Tinte des Calamars tippen, dann liegen Sie falsch. Arros negre erhält seine dunkle Färbung durch die Zwiebeln, welche die Basis des Gerichts bilden und über mehr als vier Stunden langsam geröstet werden. Diese Köstlichkeit in Kombination mit der exklusiven Lage des Clot dels Mussols am Strand und mit Blick auf die Weiten des Mittelmeers machen das Essen garantiert zu einem absolut unvergesslichen Erlebnis.

Weitere Infos und Buchung über:
Camí de Ronda®
http://www.camideronda.com/de
Tel: +34 972 10 93 58

Wandern zwischen Buchten und Stränden – zu jeder Jahreszeit ein Genuss… © Daniel Punseti Arxiu Camí de Ronda

 

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Wenn verrückte Ideen Berge versetzen – Interview mit einer Überzeugungstäterin

Kennen Sie das? Sie fahren mit dem Auto über eine Landstraße in den Pyrenäen. Die ganze Zeit sind Sie versucht anzuhalten, auszusteigen und sofort die Geheimnisse der Gebirgslandschaft abseits der Landstraße  zu erkunden. Ganz anders geht es den betagten Bewohnern der Region. In stoischer Ruhe treten sie den Asphalt der Landstraße und bewegen sich gemächlichen Schrittes einem uns unbekannten Ziel entgegen.  Weshalb ziehen diese Leute die Monotonie des Asphalts den Reizen der alten Hirtenpfade vor? Warum schauen sie lieber auf die Landstraße als auf die Gebirgspanoramen, die Wanderer aus aller Welt begeistern?

Wandern in den Pyrenäen auf alten Hirtenwegen © Archiv El Cinquè Llac

Mireia Font Vidal, dreifache Mutter, Gastwirtin des Landhauses Casa Leonardo und die Urheberin des mehrfach preisgekrönten Wanderweges El Cinquè Llac, kennt die Antworten auf diese Fragen. Mit dem „Wanderweg zum Fünften See“, dem Cinquè Llac, hat sie ein nachhaltiges Tourismusprojekt geschaffen, das nicht nur Europäer, sondern auch schon Wanderer aus Hawaii und Neuseeland begeistert hat.

Der wahre Erfolg dieses Weges zeigt sich aus der Sicht seiner Urheberin jedoch auf einer anderen Ebene: Die älteren Leute in der Region haben wieder begonnen, den Zauber ihrer einsamen Gebirgslandschaft wahrzunehmen. Sie bringen ihren Dörfern, ihrer alten Kultur und sich selbst eine neue Wertschätzung entgegen – und manche von ihnen beginnen, die Schönheit der alten Gebirgspfade für sich wiederzuentdecken.

Über die Ursachen dieses erstaunlichen Wandels, die Entwicklung einer verrückten Idee zu einem preisgekrönten touristischen Produkt, die Dialektik des Eigenen und des Fremden sowie die Frage, welchen Einfluss der Geist ihrer Großmutter auf die erfolgreiche Durchführung des Projekts hatte, spricht Mireia mit uns im Interview.

 

Katalonien-Tourismus: Mireia, erzähl uns ein bißchen über die Gegend, durch die der Wanderweg El Cinquè Llac verläuft…

Mireia Font-Vidal: El Cinquè Llac ist ein etwa hundert Kilometer langer Fernwanderweg, der durch authentische und bis heute vom Tourismus nahezu unentdeckte Pyrenäenlandschaften führt. Das liegt daran, dass unsere Region, der Pallars, seit Beginn des 20. Jahrhunderts und insbesondere in den 60er-Jahren eine starke Landflucht erlebt hat. Viele Dörfer sind nahezu vollständig verlassen zurückgeblieben. Die einstigen Obst-, Getreide- und Gemüsefelder sind den Wäldern gewichen und die traditionellen Gebirgspfade sind, seit es die Landstraßen gibt, fast vollständig in Vergessenheit geraten.

Die meisten Bewohner der Pyrenäen sind ältere Menschen, das gilt ganz besonders in unserer Region. Die Bevölkerung lebt verstreut in abgelegenen Dörfern und die gebirgige Landschaft erschwert die Mobilität. Wir Bewohner des Pallars gelten als Leute mit einem verschlossenen Charakter, die tief verwurzelt sind in ihrer Heimat. In gewisser Weise kann man unsere Region mit einem Cherokee-Reservat vergleichen: Sie ist das Resultat ihrer geographischen Isolation, wirtschaftlich wenig entwickelt und geprägt durch die Schwierigkeiten einer Gebirgslandschaft mit einem Straßennetz, das erst in den letzten Jahren ausgebaut wurde. Aber all diese Widrigkeiten hatten letztlich auch einen entscheidenden Vorteil: Durch die geographische Isolation hat die Region ihre Authentizität bewahrt und ihre Traditionen sind erhalten geblieben.

Mireia Font im Museumslädchen, das sie in ihrem Landhotel Casa Leonardo eingerichtet hat. ©
Ana Meneses

 

Katalonien-Tourismus:
Wie bist du nun auf die Idee gekommen, einen Wanderweg ins Leben zu rufen?

Mireia Font-Vidal: Ich betreibe ja seit über 15 Jahren ein kleines Landhotel in meinem Heimatdorf Senterada. Deshalb wusste ich aus erster Hand, dass unsere Gäste nicht in erster Linie wegen der hübschen Hotels hierherkommen, sondern wegen der unberührten Naturlandschaft und der Pyrenäenkultur, die hier noch lebendig ist.

Allerdings kamen unsere Besucher immer sehr punktuell an Wochenenden, Feiertagen und in den Ferienzeiten. Damit die Landhotels in der Region als kleine Familienbetriebe vom Tourismus leben konnten, mussten wir einen Weg finden, auch außerhalb der Hochsaison Gäste anzuziehen. Ein Wanderweg, der auf ein internationales Publikum ausgerichtet ist, schien also für unsere Zwecke auf Anhieb das ideale touristische Produkt zu sein.

Gleichzeitig kam mir der Gedanke, dass es unsere Aufgabe war, etwas für diese Region zu tun, die ja unsere Lebensgrundlage ist. Ich glaube, die entscheidenden Veränderungen, die diese Welt braucht, werden nicht aus der Politik kommen. Diese Veränderungen entstehen durch uns, wenn wir genau dort, wo wir uns gerade befinden, etwas tun, um die Welt ein wenig besser zu machen.

Casa Leonardo im Gebirgsdorf Senterada © Tom Sólo

 

Katalonien-Tourismus: Deshalb hast du das Projekt so auf Nachhaltigkeit ausgerichtet?

Mireia Font-Vidal: Ja, ich hatte von Anfang an den Gedanken, dass wir ein nachhaltiges Projekt aufziehen müssten. Die Idee nahm Gestalt an, als ich 2010 zur Einweihung des Nostalgiezuges Tren del Llacs (Zug der Seen) fuhr, der durch eine grandiose Landschaft entlang vier großer Stauseen von der Provinzhauptstadt Lleida bis nach Pobla de Segur im Pallars fährt.

In der nächsten Nacht konnte ich überhaupt nicht schlafen, denn ich wusste plötzlich „Das ist es!“ Wir brauchen einen Wanderweg, der mit dem Tren del Llacs, also mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zu erreichen ist, weil wir so von Anfang an die Weichen auf Nachhaltigkeit stellen. Und wir können konzeptuell an die Idee vom „Zug der Seen“ anschließen, denn hier oben in den Bergen gibt es einen weiteren versteckten See, den l’Estany de Montcortès, den man vom Zug aus nicht entdecken kann. Deshalb der Name El Cinquè Llac, der „Fünfte See“.

Nachhaltigkeit ist ein Kernkonzept des Cinquè Llac. Wir wollen nicht nur Emissionen bei der Anreise reduzieren, wir achten auch darauf, möglichst wenig Abfälle zu produzieren. Wir setzen in der Gastronomie ganz auf regionale Lebensmittel und wir haben eine Route geschaffen, auf der die Gäste authentische Pyrenäenlandschaft und –kultur kennenlernen.

„El Cinquè Llac – Der Fünfte See“, Estany de Montcortès © Jordi Peró

 

Katalonien-Tourismus: Das klingt super. Hattest du es leicht, deine Mitstreiter im Projekt von dieser Idee zu überzeugen?

Mireia Font-Vidal: Naja, es gab ja zunächst mal kein Projekt. Alles fing damit an, dass ich nicht schlafen konnte und statt dessen diese Idee vom Wanderweg vor Augen hatte. Also nahm ich eine Karte und suchte nach Landhotels mit gastronomischem Angebot, die für ein solches Unternehmen günstig gelegen waren. Am nächsten Morgen um acht rief ich bei all diesen Hotelbesitzern an und sagte, „Ihr müsst vorbeikommen, ich habe eine Idee!“.

 

Katalonien-Tourismus: Und dann?

Mireia Font-Vidal: Sie kamen am nächsten Tag. Viele von ihnen hatte ich angesprochen, weil ich den Eindruck hatte, dass sie für ein solches Projekt offen sein könnten.  – Andere habe ich angesprochen, weil ihre Hotels so optimal gelegen waren. Die letzteren sind fast komplett abgesprungen.  Rein wirtschaftlich gesehen, schien dieses Projekt für den einzelnen auf kurze Sicht gar nicht lohnend. Wenn man mit einer Investition von 100 Euro in Werbung für eine Saison lang den Speisesaal füllt, warum sollte man dann das Fünffache in ein Projekt mit unsicherem Ausgang investieren?

Für diejenigen, die sich zu dieser Investition entschlossen haben, ging es nicht einfach nur um schnelles Geld. Es ging darum, die Region langfristig aufzuwerten und neues Leben in die entvölkerten Dörfer zu bringen.

Picknick und ein Blick ins liebevoll gestaltete Roadbook des Wanderweges El Cinquè Llac. © Oriol ClaveraMontcortŽs

 

Mit den Interessierten gründeten wir den Verein „El Cinquè Llac“ und jeder von uns hat zunächst 500 Euro investiert, um das Projekt professionell evaluieren zu lassen, eine Website zu erstellen und Fotos in Auftrag zu geben. Wir haben dann bestehende Gebirgswege zu diesem 100 Kilometer langen Rundweg verknüpft. Schließlich befanden wir uns mitten in der Wirtschaftskrise – schon aus ökonomischen Gründen mussten wir auf bestehende Infrastrukturen zurückgreifen. Aber genau darin liegt ja auch der besondere Reiz des Weges.

Da das ganze meine Idee war, hat man mich zur Vorsitzenden des Vereins gewählt – das bedeutetvor allem, dass ich den wesentlichen Teil der Organisation übernommen habe. Ich sage immer, der Cinquè Llac ist mein viertes Kind und das, mit dem ich es am schwersten hatte. Aber die Mühe lohnt sich. Es geht um Lebensqualität für die Menschen hier. So langsam stellen sie fest, das sie mit Recht stolz auf ihre Region sein können. Das war früher ganz anders.

 

Katalonien-Tourismus: Wie war es denn früher?

Mireia Font-Vidal: Als wir begannen, diesen Wanderweg anzulegen, sagten die Leute aus dem Dorf „Ihr seid verrückt! Warum sollte jemand zehn Kilometer durch die Berge laufen, wenn es doch über die Landstraße nur drei sind? Sie haben die Schönheit der Landschaft und die Blicke über unsere herrlichen Berge überhaupt nicht wahrgenommen. Die einzige Assoziation, die sie zum Gehen über die alten Pfade hatten, war die Mühsal der Fortbewegung in den Jahren, bevor die Landstraßen gebaut wurden.

Nun kommen Leute von außerhalb, interessanterweise scheinen die Deutschen ein besonderes Faible für unseren Wanderweg zu haben. Aber wir hatten auch schon Gäste aus Neuseeland und Hawaii. Hawaii ist für die Leute von hier natürlich der Inbegriff der Exotik und das Traumreiseziel überhaupt. Wenn nun plötzlich ein Pärchen aus Hawaii mit den alten Leuten aus dem Dorf ins Gespräch kommt und ihnen erzählt, wie abwechslungsreich und wundervoll diese Landschaft ist, dann gibt das den Leuten zu denken und sie beginnen, ihre Region anders zu sehen. Und während sie den Gästen ihre alten Traditionen erklären, fangen sie an, diese selbst neu zu sehen und wertzuschätzen. Und sie beginnen zu begreifen, dass wir eine Kultur haben, der man sich im Gehen besonders gut annähern kann.

Ganz langsam kommt es so zu einem Bewusstseinswandel und sie machen vielleicht selbst einmal einen Spaziergang auf einem dieser alten Hirtenpfade, die sie seit 50 Jahren nicht mehr betreten haben.  Oder sie stellen eine Bank an den Weg, damit die Wanderer dort ausruhen und die Aussicht genießen können, oder sie reparieren einen Brunnen, damit die Gäste dort unterwegs wieder trinken können. Sie beginnen, dieses Projekt zu ihrem eigenen zu machen, werden aktiv und entwickeln eine neue Wertschätzung für ihre Kultur und Landschaft. Und das ist so wichtig, denn letztlich macht es sie auch glücklicher…

Der Wanderweg bringt neues Leben in die Region. Hier: Studenten bei der Rekonstruktion alter Trockensteinmauern. © Archiv El Cinquè Llac

 

Katalonien-Tourismus: Und wie sieht es mit dem wirtschaftlichen Erfolg des Projektes aus?

Mireia Font-Vidal:
2015 war unser bislang erfolgreichstes Jahr, in dem El Cinquè Llac 100.000 Euro generiert hat. Das scheint nicht so viel, aber für eine wirtschaftlich so wenig entwickelte Region wie den Pallars ist das eine ziemlich beeindruckende Zahl. Abgesehen vom wirtschaftlichen Erfolg hat der Wanderweg der Region eine Menge Renommé eingebracht. Er wurde unter anderem mit dem Naturschutz-Preis Premio Medio Ambiente 2015 de la Generalitat de Catalunya und dem ersten Preis für nachhaltigen Tourismus I Premio de Turismo Responsable de Catalunya 2013 ausgezeichnet. In diesem Jahr hat El Cinquè Llac  auf der Tourismusmesse FITUR außerdem den Preis für das beste Produkt im Aktivtourismus im Bereich Natur erhalten. (Premio al Mejor Producto de Turismo Activo en la modalidad naturaleza.)

Die Gastgeber am Cinquè Llac setzen ganz auf regionale Produkte © Tom Sólo

 

Katalonien-Tourismus: Wie kommt es, dass für dich das Potential deiner Region so offensichtlich war, während die meisten deiner Landsleute ihre Region als so wenig attraktiv wahrgenommen haben?

Mireia Font-Vidal:
Ich bin in Senterada geboren und aufgewachsen, aber als ich 18 Jahre alt war, bin ich nach Barcelona gezogen. Ich habe Archäologie studiert und natürlich bin ich zu Ausgrabungen in viele Länder gereist, von Syrien über Israel bis Frankreich. Für jemanden, der aus einem kleinen Dorf kommt, hat zu reisen gleich zwei riesige Vorteile. Erstens findet man zu sich selbst. In einem kleinen Dorf hat man immer die gleiche Rolle, die man nicht einfach ablegen kann. In der Fremde lernt man sich selbst neu kennen. Gleichzeitig beginnt man das, was man zu Hause hat, auf eine neue Art wertzuschätzen.

 

Katalonien-Tourismus: Letztlich bist du also wieder nach Senterada zurückgekehrt. Ist dir nie der Gedanke gekommen, einmal woanders hinzuziehen? Immerhin hast du viele interessante Orte kennen gelernt?

Mireia Font-Vidal: Nein, ich war immer sicher, dass ich in mein Dorf zurückkehren würde, selbst wenn das bedeuten würde, nicht mehr als Archäologin, sondern als Angestellte in einem Lebensmittelgeschäft zu arbeiten. Mir geht es nirgendwo besser als hier.

Der heutige Gästebereich von Casa Leonardo war über Jahre für Mireia und ihre Geschwister der „Spielplatz im Haus“. © Tom Sólo

 

Irgendwann kam mir der Gedanke „Ja klar, ich eröffne Casa Leonardo, das alte Hotel meiner Großmutter wieder!“ Das Hotel war seit 1975 geschlossen, aber ich bin in diesem Haus aufgewachsen. Als ich klein war, habe ich mit meinen Geschwistern in den heutigen Gästezimmern im oberen Teil des Hauses verstecken gespielt. Das Obergeschoss wurde nicht benutzt und eignete sich mit all seinen Winkeln, Treppen und Stiegen ganz hervorragend zum Spielen.

Als ich auf einer Ausgrabung im Vall de Boí war, habe ich bei einer Familie in einem ganz ähnlichen Landhotel gewohnt. Damals dachte ich, „Wunderbar, ich eröffne Casa Leonardo wieder und arbeite nebenbei als Archäologin. Die Realität hat dann gezeigt, dass diese beiden Jobs nicht miteinander vereinbar sind. Aber als wir den Wanderweg eröffneten, zeigte sich, dass ich auch hier eine Verbindung zur Archäologie schaffen konnte.

Die alten Gebirgspfade werden von Trockensteinmauern gegen Erosion geschützt, die auch gleichzeitig die öffentlichen Wege von den privaten Feldern abgrenzen. Diese Trockensteinarchitektur ist ein Jahrhunderte- zum Teil sogar Jahrtausende altes kulturelles Erbe. Zehn Prozent der Einnahmen des Cinquè Llac werden investiert, um diese typische Pyrenäenarchitektur in Stand zu halten. Übrigens läuft inzwischen ein Antrag bei der Unesco, die Trockensteinarchitektur Europas zum Weltkulturerbe zu erheben.

 

Katalonien-Tourismus: Und dein Hotel, Casa Leonardo, gehörte seit jeher deiner Familie?

Mireia Font-Vidal: Mein Großvater hat Casa Leonardo gebaut. Er war sehr viel älter als meine Großmutter, es war eine dieser arrangierten Ehen, wie sie damals auf den Dörfern üblich waren. Als er starb, blieb meine Großmutter allein mit ihrer zweijährigen Tochter, meiner Mutter, zurück. In der Zeit nach dem Bürgerkrieg war es für eine alleinerziehende Mutter in einem Dorf in den Pyrenäen unheimlich hart, ein Hotel zu führen und damit ihre Familie zu ernähren.

Es war nicht nur die schwere Arbeit, sondern auch die Mühe, die es kostete, sich gegenüber den Männern, die zu jener Zeit natürlich das Sagen hatten, zu behaupten. Meine Großmutter setzte alles daran, dass ihre Tochter studieren konnte. Meine Mutter hat ihr Leben lang als Lehrerin gearbeitet – aber seit sie pensioniert ist, hilft sie mir im Hotel. Es ist schon erstaunlich, meine Großmutter hat alles daran gesetzt, den Frauen, die nach ihr kamen die „Sklavenarbeit im Hotel“, wie sie das nannte, zu ersparen – und ich kann mir nichts Besseres vorstellen, als genau das zu tun.

Mireia in der alten Küche von Casa Leonardo. © Ana Meneses

 

Katalonien-Tourismus: Dafür hast du von deiner Großmutter anscheindend das Durchsetzungsvermögen geerbt?

Mireia Font-Vidal: (lacht) Ja, das mag wohl sein. Es ist nicht immer leicht, die Leute hier von neuen Ideen zu überzeugen, besonders dann nicht, wenn das für sie Veränderungen bedeutet. Es gab Bauern, die mir am liebsten Steine an den Kopf geschmissen hätten, als ich ihnen erklärt habe, dass durch ihre Weiden ein öffentlicher Wanderweg verlaufen soll. Ich bemühe mich dann, sie davon zu überzeugen, dass dieses Projekt auch für sie von großem Vorteil ist. Wenn mehr Gäste in die Region kommen, dann verkauft der Bauer zum Beispiel mehr von seinem Bio-Rindfleisch. Man muss die Vorteile für alle Seiten kommunizieren – und natürlich hartnäckig bleiben. Und das lohnt sich.

Ich könnte den ganzen Tag damit verbringen zu erzählen, wieviele wunderbare Dinge durch diesen Wanderweg passiert sind. Vor kurzem hat zum Beispiel ein Fotograf für eine Zeitschrift ganz großartige Fotos von einigen alten Menschen aus dem Dorf gemacht. Von einer alten Dame, die hier seit Jahrzehnten eine Marienstatue hütet, von einem Hirten und einem alten Herrn, der mit seinen 84 Jahren noch immer auf die traditionelle Art Wurst für uns herstellt.

Der Verein El Cinquè Llac hat dann eine kleine Feier zu Ehren der Protagonisten dieser Fotoserie organisiert und die Bilder großformatig abgezogen. Am nächsten Tag kam die alte Dame zu mir nach Hause und sagte, wir hätten ihr am Vortag das größte Geschenk ihres Lebens gemacht. Und der alte Herr, der die Wurst herstellt, hat am nächsten Tag seinen Laden neu gestrichen, um das Foto auf eine saubere Wand hängen zu können. Es war wohl 20 Jahre her, dass er das letzte Mal gestrichen hatte.

Die Leute spüren durch solche Dinge eine ganz ungewohnte Wertschätzung für das, was sie tun. Sie werden aktiver und dadurch werden sie insgesamt glücklicher. Vor einigen Wochen hat sogar eine Gruppe von Rentnern aus unserem Nachbardorf Sort einen Ausflug auf dem Wanderweg Cinquè Llac unternommen. Und weißt du, was sie gesagt haben: „Unglaublich! So eine wunderschöne Landschaft! Ein großartige Idee, dieser Wanderweg…“

Das Vall Fosca hütet viele Mythen und Legenden, die auf dem Wanderweg El Cinquè Llac erfahrbar werden. © Rafael López Monné

 

Hintergrundinfo zur Region Pallars
Der Landkreis Pallars liegt in den Zentralpyrenäen ganz im Nordwesten Kataloniens. Seit jeher haben die Menschen in dieser gebirgigen Grenzregion zwischen Frankreich, Aragón und Andorra von Ackerbau und Viehzucht gelebt und sich im wesentlichen von ihrer eigenen Produktion selbst ernährt. Es gab wenig Handel und die wenigen Industrien wie der Eisenabbau und der Holzhandel versiegten bereits ab dem 18. Jahrhundert.

Die Ernten der Bauern und damit auch die demographische Situation waren bestimmt durch Klima- und Witterung sowie Schädlingsplagen auf den Feldern. Im 19. Jahrhundert machten einige sehr kalte Jahre mit wenig Niederschlag den Landwirten zu schaffen. Die darauf folgende Reblausplage verschlimmerte die Situation und führte dazu, dass etwa ein Fünftel der Einwohner nach Amerika emigrierte.

Die wirtschaftliche Lage entspannte sich mit der Entstehung der Wasserkraftwerke ab 1912, als man begann, die großen Talsperren von Capdella und Tremp zu erbauen. Es folgte eine Periode wirtschaftlicher und demographischer Stabilität, die mit Beginn des Bürgerkrieges im Jahr 1936 schlagartig endete. Zwischen 1936 und 1939 verlor die Region erneut ein Fünftel der Bervölkerung. Die 50er-Jahre bescherten dem Pallars einen Aufschwung dank des Baus der Wasserkraftwerke im Becken des Noguera Ribagorzano und dem Alt Pallars.

Die Entwicklungen der 60er-Jahre schienen der Region hingegen einen finalen Schlag zu versetzen: Die fortschreitende Industrialisierung Barcelonas und schlechte Ernten führten dazu, dass nun ein Drittel der Bevölkerung in die industrialisierten Gebiete in der Nähe der Hauptstadt abwanderte. Von da an bewegte sich die Einwohnerzahl des Landkreises Pallars mit gewissen Fluktuationen um die 20.000-Marke.

In den 80er-Jahren entwickelt sich ein neues Wirtschaftsmodell: der Tourismus. In den Küstenregionen hatte dieser bereits in den 50er-Jahren eingesetzt, die Pyrenäen hingegen waren Rückzugsort für einige wenige Wanderer und Touristen, die hier fischten oder Ski fuhren. Ab 1985 gewannen die Schnee- und Abenteuersportarten und damit der Dienstleistungssektor in der Region immer mehr Bedeutung.

Der Tourismus begann für viele Familien zur Haupteinkommenssäule zu werden, weshalb in den folgenden Jahren die landwirtschaftliche Produktion zurückging während die Beschäftigung im Tourismus allmählich immer mehr zunahm. Heute leben im Pallars ca. 24.000 Menschen. Die geographische und wirtschaftliche Isolierung, der die Region über lange Zeit ausgesetzt war, hat letztlich dazu geführt, dass hier die authentische Pyrenäenkultur und ihre alten Traditionen erhalten blieben und für Gäste in unverfälschter Form erfahrbar sind.

 

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Die Vermessung des Wetters – Ein Interview mit Josep Pascual

Josep Pascual will nicht weg. Dafür gibt es zwei gute Gründe: Erstens fühlt er sich nirgendwo wohler als hier und zweitens will er das Meer und das Wetter von L’Estartit nicht alleine lassen. Mit dem Meer und dem Wetter seiner Heimat verbindet ihn, seit er denken kann, eine innige Beziehung. Und die hat Früchte getragen, für die sich Forscher aus aller Welt interessieren. Ein Gespräch über Heimat, Klimawandel und katalanische Musik…

1.11.2016 Sonnenaufgang über den Medas-Inseln inmitten tiefliegender Wolken. © Josep Pascual

 

Katalonien Tourismus: Josep, du bist Meteorologe von Beruf?

Josep Pascual: Nein, nein, von Beruf bin ich Landvermesser. Die Meteorologie ist mein Hobby. Mein zweites großes Hobby ist übrigens die Sardana, ein typisch katalanischer Volkstanz.

KT: Erzähl uns doch zunächst etwas über die Meteorologie. Wir sind auf dich durch eine Doku des NDR über die Costa Brava aufmerksam geworden. Dort wird berichtet, dass du seit 45 Jahren die Temperatur des Meeres misst und den Meeresspiegel deines Wohnortes L’Estartit dokumentierst. Wirklich seit 45 Jahren?

JP: Ja, das ist tatsächlich richtig. Ich habe schriftliche Aufzeichnungen über das Wetter seit dem Ende der 60er-Jahre, als ich etwa 15 Jahre alt war. Aber für das Wetter habe ich mich schon viel früher interessiert.

Mein Vater war Fischer und als ich ein kleiner Junge war, nahm er mich oft in seinem Boot mit. Ich saß dann zwischen den Fischern und hörte sie über die Wellen, das Wetter und das Meer sprechen. Einigermaßen zuverlässige Vorhersagen über das Wetter machen zu können, war für die Fischer schon immer geradezu lebenswichtig. Hier an der Costa Brava gibt es viele Mikroklimata und einige wenige Kilometer Entfernung können in Bezug auf das Wetter schon einen großen Unterschied machen. Das heißt, die allgemeine Wettervorhersage war nicht immer zuverlässig für unsere Region.

Vater und Großvater von Josep Pascual auf dem Fischerboot der Familie. © Archiv Josep Pascual

Ich wollte über das Wetter Bescheid wissen, ich wollte selber Vorhersagen machen können. Also fing ich an, das Wetter und das Meer zu beobachten. Ich beobachtete, wie der Regen in meine Messbecher aus Konservendosen fiel. Das waren die ersten selbstgebastelten Apparate, mit denen ich arbeitete. Außerdem maß ich die Temperatur und den Luftdruck, beobachtete den Zustand des Himmels und den Wind. Das begann so mit 12 oder 13 Jahren. Es war eine Art Spiel, zu dem mich die Neugier trieb. Einige Jahre später fing ich an, meine Beobachtungen zu dokumentieren und mit der Zeit fügte ich meinen Dokumentationen immer weitere Daten hinzu.

 

KT: Nach allem, was wir gehört haben, arbeitest du heute hochprofessionell? Immerhin arbeiten einige renommierte Wissenschaftsinstitute regelmäßig mit deinen Daten..

JP: Das ist richtig. Die Rohdaten meiner Messungen gebe ich  weiter an das Tourismusbüro von L’Estartit, aber auch an die Staatliche Meteorologie Agentur (AEMET) und an den Meteorologischen Dienst von Katalonien (SMC). Ausgearbeitete Zusammenfassungen gehen ebenfalls an diese Institutionen und außerdem an das Meeresinstitut in Barcelona (ICM) und das Centre d’Estudis Avançats (CEAB) in Blanes.

Dennoch, in mancher Hinsicht bin ich altmodisch. Ich mache alle meine Messungen weiterhin mit meinen alten Quecksilberthermometern und der Sonde, mit der ich angefangen habe zu arbeiten. Für die Dokumentation ist es sicherer, immer mit den gleichen Messgeräten zu messen. Und das Boot, mit dem ich aufs Meer fahre, ist das alte Fischerboot meines Vaters. Es ist 70 Jahre alt und relativ langsam. Aber ich mag es, mit dem Boot meiner Familie unterwegs zu sein.

1974: Josep Pascual misst bereits regelmäßig die Temperatur des Meeres bei L’Estartit © Archiv Josep Pascual

 

KT: Das ändert offenbar nichts daran, dass deine Daten weltweit gefragt sind…

JP: Eine Besonderheit meiner Datensammlung ist es wohl, dass außer mir kaum jemand über einen so langen Zeitraum kontinuierlich so detaillierte Aufzeichnungen gemacht hat. Deshalb erhalte ich öfter auch Anfragen von Studenten und Wissenschaftlern, die mit meinen Daten arbeiten wollen. Die Aufzeichnungen über das Niveau des Meeresspiegels werden auch in eine Datenbank eingepflegt, die weltweit solche Daten erfasst.

Und dann erhalte ich ab und zu noch Anfragen von anderswo. Vor drei Jahren hat zum Beispiel ein Student aus Kopenhagen auf der Basis meiner Daten seine Abschlussarbeit geschrieben und vor einigen Monaten erhielt ich eine Anfrage von einem Professor einer Universität in Neuseeland, der ebenfalls an meinen Daten interessiert war. Meine Aufzeichnungen werden genutzt für Studien zum Klima und Klimawandel und auch für Studien zur Meeresbiologie.

 

KT: Dokumentierst du nun wirklich seit 45 Jahren am Stück all diese Daten? Was passiert, wenn du in Urlaub fährst?

JP: Um ehrlich zu sein, ich bin schon lange nicht mehr in Urlaub gefahren. Eigentlich nur einmal 1983 für eine Woche. Einerseits ist es mir wichtig, die Daten zu sammeln und andererseits ist es so, dass ich nirgendwo anders sein möchte. Ich fühle mich wohl hier.

Nach Tagen ohne Niederschlag zeigen sich auf dem Pyrenäengipfel Canigó erste Löcher in der Schneedecke. Im Vordergrund des Bildes: Die Kirche von Torroella de Montgrí. Durch den Effekt des Zooms erscheinen die Pyrenäen hier wesentlich näher als sie sind. © Josep Pascual

 

KT: Du warst tatsächlich in 45 Jahren nur einmal in Urlaub?

JP: Ich weiß, ich bin ein bißchen seltsam, aber es ist tatsächlich so. Ich bin furchtbar gerne hier in L’Estartit, und ich schaue mir gerne im Fernsehen Reportagen über ferne Länder an. Aber ich verspüre kein Bedürfnis, selber zu reisen. 1983 war ich in Urlaub und 1972/73 war ich im Rahmen des Militärdienstes in Melilla und Almería. In dieser Zeit haben meine Mutter und meine Schwester die Daten aufgenommen.

 

KT: Deine Familie teilt also dein Hobby?

JP: Nein, nicht wirklich. Ich glaube, meine Mutter wollte mir den Abschied von zu Hause leichter machen, als ich für ein Jahr fort musste – also willigte sie ein, für mich die Messungen zu übernehmen.

 

KT: Was bedeuten denn diese Messungen für dich persönlich? Sind sie so eine Art Tagebuch? Verbindest du persönliche Erinnerungen mit deinen Aufzeichnungen?

JP: Natürlich hat mein Hobby auch eine sehr persönliche Bedeutung für mich, aber die Aufzeichnungen selbst sind eher unpersönlich. Es sind allgemeine meteorologische Daten über die Region. Sind die einmal erfasst, lese ich sie in der Regel auch nicht noch einmal durch, es sei denn, es gab irgendein besonderes meteorologisches Ereignis, wie ein großes Gewitter oder so etwas. In so einem Fall schaue ich dann doch noch einmal nach, ob es Auffälligkeiten gibt, die dafür ursächlich sein könnten.

Von persönlicher Bedeutung ist für mich wohl der Prozess, im Verlaufe dessen ich die Daten sammle. Wenn ich mit dem alten Boot meines Vaters alleine aufs Meer hinaus fahre, dann kommen mir natürlich sehr viele Erinnerungen.

In den frühen Morgenstunden trifft die kalte Luft der Ebene des “Baix Ter” auf das wärmere Wasser des Meeres. Das Ergebnis ist ein feiner Nebel, den man hier „mar fumejant“ nennt. Wenn die Fischer dieses Phänomen sehen, machen Sie sich auf darauf gefasst zu frieren. © Josep Pascual

 

KT: Bist du gern alleine?

JP: Ja, ich bin gerne alleine draußen unterwegs. Aber es kommen auch immer mal wieder Freunde mit, die sehen möchten, wie ich arbeite. Und ich habe ja einen Ausgleich zu meinen einsamen Stunden auf dem Meer. An den Wochenenden bin ich fast immer mit der cobla unterwegs, um Sardana zu spielen. Die Sardana, ein typisch katalanischer Tanz, ist mein zweites großes Hobby. Sie geht auf einen alten Tanz zurück, mit dem man in früheren Zeiten Gott um eine reiche Ernte und einen guten Fischfang bat. Dieser Brauch reicht wohl bis ins 17. Jahrhundert zurück.

Im 19. Jahrhundert hat dann der Musiker Pep Ventura aus Figueres die Sardana so arrangiert, wie wir sie bis heute spielen. Und er hat auch das Instrument erfunden, dass ich spiele, die Tenora, die zur Familie der Holzblasinstrumente gehört. Die Sardana, die man heute auf den Straßen Kataloniens hören kann, klingt heute tatsächlich noch exakt genauso wie vor 150 Jahren.

 

KT: Klingt als hättest du eine innige Beziehung zu dieser Musik und ihrer Geschichte…

JP: Ich mag die Musik, ich mag es, wenn die Leute zu unserer Musik tanzen und Spaß haben. Wir proben oft und in gewisser Weise ist es auch Arbeit, aber es gibt mir viel. Und es ist mir wichtig, die kleinen, lokalen Bräuche am Leben zu erhalten. Die Globalisierung bringt die Gefahr mit sich, dass viele dieser kleinen Dinge verschwinden könnten. Ich finde, jede Region sollte ihre ureigenen Traditionen und Bräuche bewahren.

 

KT: Du bist also unter der Woche regelmäßig als Landvermesser und Meteorologe unterwegs und am Wochenende ganz genauso regelmäßig als Musiker. Wie würdest du dein Leben beschreiben. Ist es eher voller Routine oder voller Abenteuer?

JP: Ich würde sagen, es hat von beidem etwas. Natürlich sind die äußeren Dinge Routinen. Ich tue immer wieder die gleichen Dinge, aber es ist jedesmal anders. Ich bin jedes Wochenende mit der gleichen cobla unterwegs, aber wir sind jedes Wochenende in einem anderen Dorf, sehen andere Leute und wir spielen auch immer wieder andere Stücke.

Mit dem Wetter ist es ganz ähnlich. Es ändert sich jeden Tag. Der Himmel ist jeden Tag anders, der Wind ist anders. Die Wassertemperatur ist anders, sie ändert sich nicht nur mit der Jahreszeit, sondern auch mit der Tiefe, in der ich messe. Wie sehr sich die Temperatur in einer Wassertiefe von sagen wir 50 Metern verändert, hängt zum Beispiel unter anderem damit zusammen, aus welcher Richtung der Wind gerade weht, ob es unser berühmter Tramuntana ist oder ein anderer Wind. Ich mag es, all diese Aspekte miteinander in Beziehung zu setzen und daraus meine Schlüsse zu ziehen. In gewisser Weise ist das das Abenteuer, dass ich schon als Junge mit zwölf oder dreizehn Jahren gesucht habe, als ich mit meinem Vater und den Fischern aufs Meer fuhr.

Vollmond am Leuchtturm der Medas-Inseln, umgeben von halbdurchsichtigen Wolken. © Josep Pascual

 

KT: Glaubst du eigentlich, du hast aufgrund deiner Arbeit eine Art deformation professionelle?

JP: Ich habe bestimmt einige – aber die fallen mir gerade nicht ein. Was mich allerdings ständig begleitet ist die Tatsache, dass ich furchtbar unordentlich bin. Wenn du mich nach den Daten der letzten Woche fragst, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ich sie nicht finden werde. Aber wenn du mich nach den Daten des gleichen Tages vor 40 Jahren fragst, dann finde ich die sofort. Diese Ordnung kommt dadurch zu Stande, dass ich ständig etwas suche, dass ich nicht finden kann. Und dann fange ich an, meine Daten so lange zu ordnen, bis ich finde, was ich suche.

Früher war es leichter, weil ich damals noch weniger Daten aufgenommen habe. Heute ist der Umfang an Daten wirklich groß, dafür habe ich heute den Computer, der es wesentlich leichter macht, Dinge wiederzufinden. Übrigens stelle ich meine Daten auch für alle einsehbar auf meine Website www.meteolestartit.cat.

 

KT: Hand aufs Herz, wer sagt für L’Estartit besser das Wetter voraus? Die Meteorologen im Fernsehen, oder Josep Pascual?

JP: (lacht) Wie gesagt, aufgrund unserer besonderen Geographie gibt es hier eine solche Vielzahl von Mikroklimata, dass jemand aus der Region, der sich gut auskennt, vermutlich bessere Voraussagen machen wird, als jemand, der die Großwetterlage auf dem Schirm hat. Aber Voraussagen sind eben nie exakt. Exakt sind nur die Dokumentationen dessen, was war.

© Josep Pascual

 

Info:
Josep Pascual dokumentiert regelmäßig Wassertemperatur und den Meeresspiegel von L’Estartit, außerdem auch die Art der Wellen, die Luftverdunstung, den Luftdruck, die Klarheit der Luft sowie die Temperatur und die Durchflussmenge einiger Quellen. Einmal pro Woche dokumentiert er außerdem Temperatur und Durchflussmenge des Flusses Ter in Torroellea. Alle zwei bis drei Tage fährt er zur Roca Maura, ein Berg oberhalb von L’Estartit, wo eine kleine Wetterstation Temperatur, Luftfreuchtigkeit, Verdunstung und Windstärke misst.

Etwa einmal im Monat fährt er nach Banyoles, das etwa 45 Kilometer von L’Estartit entfernt liegt, um auch die Temperatur des dortigen Sees zu messen. Seine Daten sind für die Allgemeinheit einsehbar auf der Website www.meteolestartit.cat, zum Beispiel in den Rubriken „meteogrames“, “Resums”, “Mar”, und „Banyoles“.

Mit der Tenora auf dem Meer: So ist Josep Pascual ganz in seinem Element. © Josep Pascual

 

 

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Kataloniens Weihnachtliche Märkte

Da ist sie wieder, die besinnlichste Zeit das Jahres. Hatten Sie sich vorgenommen, in diesem Jahr einmal alles ganz anders zu machen und wirklich nicht in Weihnachtsstress zu verfallen? Dann gönnen Sie sich doch einfach mal einen Kurztrip ins weihnachtliche Katalonien. Weihnachtsstimmung und reichlich Gelegenheit hübsche Dinge für die lieben Daheimgebliebenen zu kaufen, gibt es auch hier. Und darüber hinaus noch reichlich Gelegenheit, authentisch katalanische Traditionen kennenzulernen. Wir stellen Ihnen die schönsten und traditionsreichsten Märkte der Weihnachtszeit vor.

 

Krippenmarkt und Krippenschau in Olot

Im Dezember verwandelt sich Olot in die Krippenhauptstadt Kataloniens. Am ersten Wochenende im Dezember findet die Fira del Pessebre bzw. der Krippenmarkt in Olot statt. Dort kann man nicht nur die traditionell hergestellten Krippenfiguren, sondern auch Torrons, Weihnachtsbäume, Kunstgewerbe und weihnachtliche Dekoration kaufen.

Krippenausstellung in Olot © Mostra de Pessebres Olot

Krippenausstellung in Olot © Mostra de Pessebres Olot

Parallel dazu findet vom 3. Dezember bis zum 8. Januar an verschiedenen Orten der Stadt die Krippenschau Mostra de Pessebres statt. Zu diesen zählen der Patio des alten Hospizes l’Hospici, das Museu dels Sants, Can Trincheria, die Bibliothek Marià Vayreda und das Claustre del Carmen.

Gerade für ausländische Besucher dürfte ein Besuch der Krippenausstellung besonders lohnend und spannend sein. Im Patio des alten Hospizes zum Beispiel ist die offizielle Krippe der Stadt Olot zu sehen. Maria, Josef und das Jesuskind haben hier die altbekannte Krippe gegen ein traditionelles Landgut der Garrotxa getauscht und die Hirten kommen aus den umliegenden Bergen, um den neugeborenen Heiland anzubeten. Dies ist nicht das einzige überraschende Detail, das die Krippenschau von Olot zu bieten hat. Wer also ein Herz hat für die Weihnachtsgeschichte, Krippen und katalanische Lokalkultur hat, der sollte in den nächsten Wochen in Olot vorbeischauen.

Weitere Infos gibt es hier.

 

Vic – Weihnachtsmärkte und mehr

Vic startet in die Weihnachtszeit mit dem berühmten Mittelaltermarkt (Mercat Medieval Vic), der vom 3. bis zum 6. Dezember stattfindet. Er gilt als einer der spektakulärsten von Katalonien und vermittelt seinen Besuchern das herrliche Gefühl, eine echte Zeitreise angetreten zu haben. Überall gibt es Stände mit Kunsthandwerk, kulinarischen Produkten, Seifen, Parfums und Kräutern. Der perfekte Anlass, einen Bummel durch die historische Altstadt zu genießen und einen Blick auf den Marktplatz, den römischen Tempel, die Kathedrale und die vielen kleinen Kirchen zu werfen.

Ein ganz ähnliches Vergnügen mit etwas anderen Produkten bietet die Fira d’Artesans de Nadal, die weihnachtliche Kunsthandwerksmesse. Sie findet an mehreren Tagen von Dezember bis Januar statt, nämlich am  3., 4., 5., 6., 17., 18., 22., 23. und 24. Dezember 2016 und am 2. 3. und 4. Januar 2017. An 40 Ständen gibt es dann vom handgefertigten Räucherstäbchen über Silberschmiedekunst, Leder- und Holzarbeiten bis zur Naturseife tausend schöne Dinge zu kaufen, die als Weihnachtsgeschenke und Souvenirs eine gleichermaßen gute Figur machen.

Am 17. und 18. Dezember 2016 findet schließlich auch noch die Fira de Santa Llúcia, der offizielle Weihnachtsmarkt von Vic auf der Placa dels Màrtirs statt. Wie auf einem Weihnachtsmarkt zu erwarten, findet man hier vor allem Krippen, tion, und weihnachtliche Dekoration und Leckereien. Doch es gibt nicht nur weihnachtliche Produkte zu kaufen – bei Workshops und Vorführungen kann man auch einiges über Handarbeiten und Handwerkskunst lernen.

Alles in allem ein bunt gemischtes, rundes Weihnachtsprogramm – und zweifellos einen Besuch wert.

Weitere Infos gibt es hier.

Katalanischer Mittelaltermarkt © Oriol Llauradó

 

Der Weihnachtsbaummarkt in Espinelves

La Fira de l’Avet oder der Weihnachtsbaummarkt von Espinelves, der in diesem Jahr vom 3. bis zum 11. Dezember stattfindet,  ist der größte seiner Art in ganz Katalonien. Seit 1981 verkaufen die Landwirte aus der Region auf der Fira de l’Avet Weihnachtsbäume, die in den Wäldern der Guielleries herangezogen wurden. Das 200-Seelen Dorf zieht in diesen Tagen an die 80.000 Besucher an. Und für die gibt es auch jenseits des Marktes einiges zu sehen.

84 Kilometer ovn Barcelona entfernt, liegt Espinelves in der Region Montseny-Guilleries inmitten der Berge, nahe im Meer und ist umgeben vom größten Wald Kataloniens. Inmitten dieses Naturparadieses im Landkreis Osona, bezaubert Espinelves seine Besucher nicht nur mit tiefen Wäldern, klarem Wasser und frischer Luft, sondern lädt auch ein, die Essenz der Romanik Kataloniens zu entdecken. Unbedingt einen Besuch wert ist die romanische Kirche Sant Vicenc – und auch ansonsten lohnt ein Bummel durch die historischen Gassen.

Weitere Infos gibt es hier.

 

 

Weihnachts- und Vogelmarkt in Valls

Mit seinem traditionsreichen Weihnachts- und Vogelmarkt lädt Valls seine Besucher am 17. und 18. Dezember  ein, die Tradition des Straßenmarktes neu zu entdecken. Auf diesem ebenso beliebten wie typischen Straßenmarkt gibt es nicht nur Krippenfiguren und Weihnachtsbäume, Wein, Cava, Honig, Weihnachtsleckereien und Dekoration, sondern auch „frisches Federvieh“ zu kaufen, dass auf Wunsch auch vor Ort geschlachtet und gerupft wird.

Authentische Tradition: Der Weihnachts- und Vogelmarkt in Valls © Cambra Comerç de Valls

Authentische Tradition: Der Weihnachts- und Vogelmarkt in Valls ©Cambra Comerç de Valls

Der Weihnachtsmarkt von Valls knüpft an eine 800jähige Tradition des Wochenmarktes an – und beim Anblick der alten Fuhrwagen, der Hühner, Puten und Kapaune, die hier in Körben, Käfigen oder auch freilaufend unterwegs sind, mag man sich einige Jahrhunderte zurückversetzt fühlen. Tradition und Folklore prägen den Weihnachts- und Vogelmarkt der Stadt Valls und machen ihre große Markttradition lebendig. In der Carrer de la Carnisseria und auf den places de l’Oli de les Garrofes findet übrigens auch ein großer Obst- und Gemüsemarkt statt, während sich der Weihnachtsmarkt mit seinem buntgemischten Angebot über die carrers de la Cort, Jaume Huguet und den plaça del Pati trobareu erstreckt.

Weitere Infos gibt es hier.

 

Fira de Santa Llucia – DER Weihnachtsmarkt in Barcelona

Selbstverständlich bietet die Metropole Barcelona ihren Besuchern mehr als nur einen Weihnachtsmarkt. Der berühmteste und traditionsreichste unter ihnen ist jedoch die Fira de Santa Llucia vor der Kathedrale, die in diesem Jahr vom 1. bis zum 23. Dezember stattfindet. Seit 1786 findet dieser große Markt jährlich im Dezember statt. Was als Vieh- und Textilmarkt begann, hat sich inzwischen in einen Weihnachtsmarkt mit 270 Ständen gewandelt, die sich in vier Bereiche einteilen lassen: Krippen, Weihnachtsbäume und Weihnachtsgrün, Kunsthandwerk und simbombes – traditionelle katalanische Instrumente, die typisch sind für die weihnachtliche Musik der Hirten. Und wer sich die etwas eigenwillige katalanische Version des Weihnachtsmannes namens Tió mit nach Hause nehmen möchte, der ist hier natürlich auch an der richtigen Adresse.

Fira de Santa Llucia - Barcelonas größter Weihnachtsmarkt © Fira de Santa Llucia

Fira de Santa Llucia – Barcelonas größter Weihnachtsmarkt © Fira de Santa Llucia

Wer damit noch nicht genug hat, dem bietet der Weihnachtsmarkt an der Sagrada Familia noch mehr Weihnachtsstimmung vor beeindruckender Kulisse.

Nähere Infos gibt es hier.

 

 

 

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Eine Shoppingroute durch das Val d‘Aran

Das Val d’Aran gilt als Paradies für Naturliebhaber, Aktivtouristen und Wintersportler. Doch das Hochtal in den Pyrenäen hat noch einiges mehr zu bieten. Wer sich zwischendurch einmal eine Auszeit vom „aktiven Naturerlebnis“ gönnen möchte, der sollte sich einmal die Shoppingroute durch das Val d’Aran vornehmen. Die bietet nämlich nicht nur außergewöhnliche Einkaufsmöglichkeiten, sondern auch die Gelegenheit, die einzigartige Kultur des Val d’Aran auf vergnügliche Weise kennenzulernen.

Vielha - Souvenirs passend zur Jahreszeit © Torisme Aran

Vielha – Souvenirs passend zur Jahreszeit © Torisme Aran

 

High-Tech und Kunsthandwerk

Die Shoppingroute durch das Val d’Aran bietet einen attraktiven Mix von Geschäften und Angeboten: Von qualitativ hochwertigem Outdoor-Equipment über traditionelle Käse- und Wurstwaren der Pyrenäenregion bis zum typisch aranesischem Kunsthandwerk ist hier so ziemlich alles zu finden.

Die drei Hauptachsen der Route sind natürlich die drei großen Orte des Val d’Aran: Vielha, Hauptstadt und touristisches Zentrum des Hochgebirgstals, Bossòst und Les. Mindestens so interessant wie ein Bummel durch die „drei Großen“ des Hochgebirgstals sind jedoch auch Erkundungstouren durch die malerischen kleinen Dörfer, in denen sich bis heute kleine, alte Lädchen gehalten haben. Manche von ihnen liegen direkt an der Hauptstraße und sind entsprechend leicht zu finden. Andere liegen versteckt in engen Gassen unter typisch aranesischen Dächern aus Stein, Holz und Schiefer. Wer sie aufsucht, verbindet ein außergewöhnliches Einkaufserlebnis mit der Entdeckung uralter Pyrenäenkultur.

Vielha lockt seine Gästen hingegen mit großen und modernen Einkaufszentren, hippen Mode-Boutiquen und Geschäften, die ganz auf den Bedarf von Outdoor-Sportlern und Bergsteigern spezialisiert sind. Auch in Bossòst und Les finden sich belebte Einkaufsstraßen, in denen es von typisch aranesischen Lebensmittelns über Freizeitbedarf bis Souvenirs so ziemlich alles gibt, was das Besucherherz begehrt.

Pyrenäen-Delikatessen © Torisme Aran

Pyrenäen-Delikatessen © Torisme Aran

 

Aranesische Delikatessen

Hervorzuheben sind hier natürlich die traditionellen Wurst- und Fleischwaren und Patés, die bis heute nach jenen alten Rezepten hergestellt werden, auf welche schon die Großeltern und Urgroßeltern der heutigen Metzger geschworen haben. Auch die Produkte der aranesischen Bäckereien und Konditoreien sind pure Verführung – sei es das im Holzofen gebackene Brot oder traditionelle  Süßigkeiten wie tronquets und conquilhons. Weitere kleine Geschäfte mit großer Tradition sind zum Beispiel die Käsereien in Bagergue und Era Bordeta, der Honigverkauf von höchster Qualität in Garòs und Bausen sowie das original aranesische Bier in Casarilh.

Damit zumindest einige der im Val d‘Aran erstandenen Souvenirs den Weg zurück in die Heimat des Gastes schaffen, empfiehlt es sich, beim Shoppen nicht allein auf Delikatessen zu setzen. Schöne Erinnerungen an den Aufenthalt in im Val d’Aran versprechen handgearbeitete Stoffwaren aus der Wolle aranesischer Schafe, handgefertigte Rattankörbe und die typische Keramik des Val d’Arans, die sich in den Lädchen der Dörfer des Tals findet. Viel Spaß beim Shoppen und Entdecken!

Weitere Infos unter: http://www.visitvaldaran.com/

Traditionelles Kunsthandwerk aus dem Val d'Aran © Torisme Aran

Traditionelles Kunsthandwerk aus dem Val d’Aran © Torisme Aran

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Noch mehr Skivergnügen im Val d’Aran

Der Winter rückt näher und die Skistation Baqueira Beret im Val d’Aran ist bestens auf die neue Saison vorbereitet. Das Skigebiet wurde von 150 Kilometern auf nun insgesamt 155 Kilometer markierter Pisten erweitert. Hinzukommen 5km off-piste in einem von Skifahrern wenig besuchten Gebiet, die es ermöglichen unbekannte Winkel des Tales zu erkunden. In Zahlen gefasst bedeutet dies: Das Val d’Aran verfügt nun über 103 markierte Skipisten und einen für Südeuropa einzigartigen Freeride in einem Skigebiet, das insgesamt 2.166 Hektar umfasst. Wer die authentischen Pyrenäen beim Skifahren kennen und lieben lernen möchte, ist hier an der richtigen Adresse.

 

Internationale Kennzeichnung der Pisten

Um den Bedürnissen eines internationalen Publikums gerecht zu werden, hat Baqueira Beret die internationale Kennzeichnung für Skipisten übernommen. Die „extremen Abfahrten“ sind nun mit zwei schwarzen Diamanten markiert, die Wege jenseits der Pisten mit zwei schwarzen Diamanten auf gelbem Grund. 13 sehr schwierige Abfahrten sind mit einem schwarzen Diamanten gekennzeichnet und 39 Pisten, die als schwierig eingestuft wurden, tragen einen roten Diamenten .

 

Skisafaris durch Baqueira

Wer immer auf der Jagd nach den besten Skipisten ist, für den ist eine Safari durch Baqueira das passende Angebot. Drei unterschiedliche Skisafaris machen es möglich, weite Teile des Skigebiets auf Pisten kennenzulernen, die den jeweiligen Fähigkeiten der Skifahrer angepasst sind. Alle Routen sind komplett markiert und können sowohl mit einem Führer als auch auf eigene Faust erkundet werden.

Die blaue Safari ist geeignet für Skifahrer mittleren Levels und diejenigen, die mit der Familie entspannt das Tal der erkunden wollen. Die Route ist 25km lang, der Höhenunterschied beträgt  3566m.
Die rote Safari ist zugeschnitten auf die Wünsche fortgeschrittene Skifahrer. Sie ist 37km lang und der Höhenunterschied beträgt 7097m.
Die schwarze Safari ist wirklich nur für absolute Experten gedacht: 23km und ein Höhenunterschied von 4.468m haben es in sich!

Info unter http://www.visitvaldaran.com

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Game of Thrones erleben – In Girona!

Girona ist einer der Hauptdrehorte der 6. Staffel von Game of Thrones. Mit „Game of Girona“ widmet die L’Associació Guies de Girona der Kultserie gleich zwei besondere Stadtführungen.

Game of Thrones Girona 2016©Macall B. Polay-HBO

Game of Thrones Girona 2016 © Macall B. Polay-HBO

Game of Girona Experience ist eine dreistündige Stadtführung, bei der begeisterte Fans der Serie alle Details über die Drehorte und den Ablauf der Dreharbeiten erfahren und sich dabei auch auf die eine oder andere spannende Anekdote freuen dürfen. Für diejenigen, für die es auch ein bißchen weniger sein darf, gibt es die anderthalbstündige Führung Game of Girona Location, bei der die Drehorte besucht werden.

Und da Girona ja nicht erst seit diesem Sommer ein Lieblings-Drehort des großen Kinos ist, bietet die L’Associació Guies de Girona auch noch eine dritte Führung an, die der Filmstadt Girona gewidmet ist. ‚Lights, camera, action!‘ ist der Name einer anderthalbstündigen geführten Route durch die Altstadt Gironas, die Schlaglichter auf die wichtigsten Filme wirft, die hier seit 1912 gedreht wurden.

Die Kathedrale von Girona © JD Andrews - Arxiu Imatges PTCBG

Die Kathedrale von Girona © JD Andrews – Arxiu Imatges PTCBG

Die Führungen werden auf Englisch, Spanisch, Französisch und Katalanisch gehalten.

Weitere Infos:
Associació Guies de Girona
c Berenguer Carnicer, 3
17001 Girona
Tel. +34 972 211 678
guies@gameofgirona.com
www.gameofgirona.com

Die Führung "Games of Girona" © Associació Guies de Girona

Die Führung „Games of Girona“ © Associació Guies de Girona