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Universen des Surrealismus im Dalíschen Dreieck

Salvador Dalís Kunst war grenzenlos. Sie fand ihren Ausdruck in Malerei, Zeichnung und Druck, in Skulptur und Architektur, Fotografie, Kino, Literatur und schließlich auch in der Juwelierkunst. Jedes der Dalíschen Werke – sei es eine Kreuzigungsszene oder ein Ohrring in Form eines Telefons – spannt ein ganzes Universum an Bedeutungen auf. Der Künstler mit dem vielleicht berühmtesten Schnurrbart der Geschichte war ein egozentrischer Mystiker mit infernalischem Humor. Er war ein Meister der Selbstinszenierung, der das kreative Schaffen zu seinem Lebensinhalt erhoben hatte. Folglich gestaltete er auch die zahlreichen widersprüchlichen Facetten seiner schillernden Persönlichkeit zum Kunstwerk.

Porträts: Robert Whitaker © Fundació Gala-Salvador Dalí

Salvador Dalí ist nicht weniger rätselhaft als sein Werk. Eins ist jedoch sicher: Das visionäre Potential des berühmten Katalanen erwächst aus der tiefen Verbindung mit den Landschaften seiner Heimat. Figueres, Portlligat und Púbol heißen die Orte der Costa Brava, die das Leben und Schaffen Dalís geprägt haben und in gleichem Maße auch von ihm geprägt worden sind. Verbindet man diese drei Orte auf der Landkarte zu einer geometrischen Figur, entsteht das „Dalísche Dreieck“.

Auf einer Fläche von gerade einmal 40 km² konzentrieren sich hier die ursprünglichen Quellen der Dalíschen Kreativität: Landschaften und Licht des Empordà, Architektur, Bräuche und Legenden füllen das Dalísche Dreieck mit Offensichtlichem und Geheimnisvollen. An jedem seiner Eckpunkte befindet sich ein Museum, in dem der künstlerische Geist Dalís bis heute seine dynamische Wirkungskraft enfaltet.

Theater-Museum Dalí

Das Theater-Museum Dalí in Figueres ist nicht nur ein Museum. Es ist ein in sich geschlossenes Kunstwerk, das sich als „das größte surrealistische Objekt der Welt“ versteht. Salvador Dalí selbst hat es mit der Absicht konzipiert, die Besucher ins Herz seiner fesselnden inneren Welt zu entführen. Deren transzendente Bedeutung hat der Meister ohne falsche Bescheidenheit folgendermaßen in Worte gefasst:

„Es ist offensichtlich, dass andere Welten existieren. Aber, wie ich schon oft gesagt habe, existieren diese Welten innerhalb unserer Welt. Sie wohnen der Erde inne, und zwar genau im Zentrum der Kuppel des Dalí-Museums, wo, unerwartet und verblüffend, die ganze neue Welt des Surrealismus liegt.“

Die Samlung des Theater-Museums erlaubt dem Besucher die gesamte künstlerische Laufbahn Dalís anhand eines weiten Spektrums seiner Werke kennenzulernen. Den frühen Dalí, der noch im Kontext von Impressionismus, Futurismus und Kubismus experimentierte. Die dem Surrealismus zuzurechnenden Werke, mit denen er berühmt wurde. Die nukleare Mystik, ein von Dalí entwickelter Stil der Malerei, in der er Größen der Renaissance wie Michelangelo und Leonardo da Vinci huldigt. Der künstlerische Ausdruck seiner Faszination für die Naturwissenschaften, der sich zum Beispiel in stereoskopen Bildern und Hologrammen zeigt und schließlich sein Spätwerk – all dies hat Dalí selbst hier zu einem Denkmal seiner Schaffenskraft angeordnet.

Dalí und Figueres

Wie aber ist dieses einzigartige Museum entstanden? Wie fast alles im Leben Dalís hat auch das Teatre-Museo eine kuriose Geschichte. Der Bürgermeister von Figueres, Ramón Guardiola, bat in den 60er-Jahren den Meister darum, dem Museu de l’Empordà eines seiner Werke zu stiften. Dalís Antwort lautete: Figueres werde ich nicht nur ein Bild, sondern ein ganzes Museum schenken.

Die Website des Museums zitiert dazu folgenden Gedankengang Dalís:

„Wo, wenn nicht in meiner Heimatstadt, sollte das Extravaganteste und Beständigste meines Werkes fortleben? Das Stadttheater […] schien mir aus drei Gründen ein sehr geeigneter Ort: Erstens, weil ich ein durch und durch theatralischer Maler bin. Zweitens, weil gerade gegenüber des Theaters die Kirche liegt, in der ich getauft wurde. Drittens, weil ich ausgerechnet im Foyer dieses Theaters meine erste Ausstellung hatte.“ *

Porträt: Robert Whitaker © Fundació Gala-Salvador Dalí

Dalí Schmuck

Ebenfalls im Theater-Museum Dalí ist eine Sammlung von Schmuckstücken untergebracht, die Dalí aus kostbarsten Materialien designt hat. Auf zwei Etagen verteilt, befindet sich diese Sammlung in einem Nebengebäude des Museums. Daher kann sie über einen separaten Eingang betreten werden und unabhängig von der Gesamtausstellung des Theater-Museums besucht werden. Salvador Dalí hat in diesem einzigartigen Ensemble der Juwelierkunst das gesamte Spektrum seiner künstlerischen Ausdruckskraft in Gold, Edelsteine, Perlen und Korallen gefasst. Daher sind alle hier ausgestellten Stücke nicht nur Originale, sondern auch Unikate.

Wie nun ist der künstlerische Wert dieser Schmuckstücke einzuschätzen? Der Meister selbst hatte dazu eine sehr klare Meinung:

„Meine von der Owen Cheatham Stiftung kuratierte Schmucksammlung, wird unvermeidlich historische Bedeutung erlangen.“

Angesprochen auf die frivole Natur einiger seiner Schmuckstücke, erwiderte Dalí:

„Illusorisch! Die Schmuckstücke von Dalí müssen sehr ernst genommen werden. Ich freue mich, wenn meine Ohrringe in Form von Telefonen den Betrachter zum lächeln bringen. Ein Lächeln ist etwas Angenehmes. Aber die Ohrringe sind genau wie alle meine anderen Schmuckstücke ernsthafte Kunstwerke. Die Anhänger stehen für das Ohr als Symbol von Harmonie und Einheit. Sie konnotieren die Geschwindigkeit der modernen Kommunikationsmedien; die Chancen und Gefahren die im blitzartigen Austausch von Gedanken liegen.

Castell Gala Dalí Púbol

Salvador Dalí wird mit dem Satz zitiert „Jeden Morgen beim Erwachen genieße ich das erhabene Vergnügen, Salvador Dali zu sein. Voller Erstaunen frage ich mich dann, was dieser Dali heute noch wieder Wunderbares verrichten wird.“ Zweifellos hielt der Meister große Stücke auf sich selbst. Dennoch wäre es ein Fehler zu glauben, Dalí habe nur um sich selbst gekreist. Im Zentrum seines Lebens stand auch seine Ehefrau und Muse Gala. Seine Beziehung zu Gala sah Dalí selbst am besten im Ideal der höfischen Liebe repräsentiert. Folglich war es nur naheliegend, dass er seiner Dame ein Schloss schenken würde, in dem diese die Königin wäre.

Schwimmbad im Garten des Museums Castell Gala Dalí de Púbol © M.A.S

Dalís Fähigkeit, surreal anmutende Ideen zu materialisieren, erreichte also im Jahr 1969 mit dem Erwerb einer alten Burg in Púbol eine neue Dimension. Das mittelalterliche Gebäude mit eingefallenen Dächern, rissigen Mauern und einem halbverwilderten Garten entfachte in ihm eine neue, überschwengliche Form der Kreativität. Im Zuge der Restaurierungsarbeiten setzte er die Narben, welche die Zeit in den alten Mauern geschlagen hatte, wirkungsvoll in Szene. Er bediente sich der Wirkung halb eingefallener Mauern, um unerwartete Raumbilder zu schaffen. Wandmalereien und vorgetäuschte Architektur spielen mit der Wahrnehmung des Betrachters. In Kombination mit barock anmutender textiler Dekoration, Antquitäten und romantischen Symbolen schuf Dalí so im Castell Dalí de Púbol einen Ort voller Geheimnisse und Überraschungen.

Dalí und die Liebe

Dalí selbst bezeichnete sich als einen durch und durch theatralischen Maler. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass er auch in der Liebe mit unverhohlenem Pathos agierte:

„Ich wollte Gala eine Hülle zu schenken, die unserer Liebe auf feierliche Weise würdig wäre. Deshalb schenkte ich ihr einen Wohnsitz in La Bisbal, der auf den Resten einer Burg aus dem 12. Jahrhundert errichtet war. Im alten Schloss von Púbol regiert sie als absolute Herrscherin, bis zu dem Punkt, dass ich sie nicht besuche, wenn ich nicht vorher eine schriftliche Einladung aus ihrer Hand erhalte. Ich habe mich damit zufrieden gegeben, die Decken ihrer Gemächer zu dekorieren, damit sie, wann immer sie die Augen erhebt, mich an ihrem Himmel findet.“

Seit 1996 ist Castell Gala Dalí, das dem Künstler in seinen letzten Jahren nach Galas Tod als Wohnung und Atelier diente, für Besucher geöffnet.

Krypta Casa-Museu Dalí de Púbol © Imagen M.A.S.

Casa Salvador Dalí – Portlligat

Casa Salvador Dalí in Portlligat war über 50 Jahre Dalís Wohnsitz, an dem er lebte und arbeitete. Die Landschaft, das Licht und die Abgeschiedenheit des Ortes hatten ihn im Jahr 1930 dazu bewegt, hier eine kleine Fischerhütte zu kaufen. Diese gestaltete er zum Wohnhaus um, das mit den Jahren wuchs und seine Gestalt veränderte. Diese Veränderung folgte den gleichen Gesetzen „wie eine echte biologische Struktur […] Jedem neuen Impuls in unserem Leben entsprach eine neue Zelle, ein Zimmer.“, so Dalí.

Patio der Casa-Museu Dalí in Portlligat © Imagen M.A.S.

Das Ergebnis dieser „organischen“ Bauweise ist eine verwobene Struktur von Räumen und Korridoren, die an ein Labyrinth erinnert. Schmale Gänge, kleine Höhenunterschiede und Zimmer die mit einer Vielzahl von Gegenständen und Erinnerungsstücken der Dalís gefüllt sind, prägen das Bild. Überdies bestimmen Teppiche, gekälkte Wände, Trockenblumen, Samtpolster und Antiquitäten die Atmosphäre des Ortes. Das bedeutendste Gestaltungselement sind allerdings die Öffnungen der Räume, deren verschiedene Formen die umgebende Landschaft sozusagen einrahmen.

Eben diese Landschaft von Portlligat ist eine Konstante im Werk Salvador Dalís. Überdies ist ist sie auch der Dreh- und Angelpunkt seines künstlerischen Schaffens. Dalí selbst sagte dazu: „Portlligat ist der Ort der Verwirklichungen. Es ist der perfekte Ort für meine Arbeit. Alles verschwört sich, damit es so sei: Die Zeit vergeht langsamer und jede Stunde hat genau die ihr entsprechende Dimension. Es gibt eine geologische Ruhe: der Ort ist ein planetarischer Einzelfall.“

Port Lligat © Christopher Willan Photography

Wer Casa Dalí Portlligat heute besucht, findet das Haus in drei Bereiche gegliedert: Die Räume, die Salvador und Gala Dalí privat nutzen, das Atellier, das mit vielen Gegenständen Einblick in das künstlerische Schaffen des Meisters gibt und die Außenbereiche, die vor allem für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden.

Weitere Informationen und Eintrittskarten zu allen Museen bietet die Website https://www.salvador-dali.org. Wer sich einen ersten Einblick verschaffen möchte, stattet den Museen dort einen virtuellen Besuch ab. Wir wünschen viel Vergnügen.

 

*Alle Dalí-Zitate dieses Artikels sind freie Übersetzungen von Zitaten, die auf der Website www.salvador-dalí.org zu finden sind.

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