2018 war das Jahr des Kulturtourismus in Katalonien. Zu diesem Anlass haben wir Ihnen immer wieder bedeutende katalanische Monumente im Detail vorgestellt. Heute machen wir eine kleine Nachlese. Aus der Vielzahl sehenswerter Kirchen, Kathedralen, Klöster, Burgen und anderer Meisterwerke der Architektur, haben wir Ihnen hier noch einmal eine handverlesene Auswahl zusammengestellt. Dabei haben wir besonderes Augenmerk darauf gelegt, sowohl die verschiedenen Regionen Kataloniens als auch die unterschiedlichsten Epochen der Baugeschichte abzudecken. Kommen Sie also mit uns auf eine Reise durch Architektur und Zeit in Katalonien. Wir versprechen, es gibt viel zu entdecken!
Das römische Amphitheater in Tarragona
Wir starten in Tarragona, der südlichsten Provinz Kataloniens. Vor über 2000 Jahren begann von hier aus der Siegeszug der Römer über die Iberische Halbinsel. Das antike Tarraco galt über Jahrhunderte als „das Rom der Iberischen Halbinsel“, denn hier blühten Handel und Kultur in unvergleichlicher Weise. Noch heute pflegt Tarragona seine antike Kultur mit Reenactment und Festivals wie Tarraco Viva und Història Viva. Außerdem finden Besucher hier eine Römerroute, auf der sie ganzjährig die Spuren römischer Geschichte in Tarragona entdecken könnnen.
Und von denen gibt es hier reichlich. Das wohl berühmteste Monument, das an die römische Epoche Tarragonas erinnert, ist das antike Amphitheater. Es ist Teil des „Archäologischen Ensembles von Tarraco“, das seit dem Jahr 2000 als Unesco-Weltkulturerbe unter Schutz steht. Das römische Amphitheater stammt aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr. und beeindruckt einerseits mit seinen gut erhaltenen Mauern, andererseits mit einer fantastischen Sicht auf das Mittelmeer. Wer mag, kann sich auf den in den Fels gehauenen Stufen niederlassen und seinen Blick in die Ferne schweifen lassen.
Vielleicht lassen Sie aber auch einfach vor Ihrem inneren Auge die Vergangenheit wieder auferstehen. Dann sehen Sie womöglich wilde Tiere und Gladiatoren, die in Aufzügen aus den unter der Erde gelegenen Räumen des Theaters in die Arena transportiert wurden. Wie deren Kämpfe ausgesehen haben mögen, erleben Sie bei den Aufführungen des Geschichts-Festivals Tarraco-Viva. Wenn Sie aber zunächst ein wenig mehr von der Geschichte des Amphitheaters und ihren erstaunlichen Exzessen und Skandalen wissen möchten, dann lesen Sie hier weiter.
Die Burg von Cardona
Bewegen wir uns nun ein Stückchen weiter in Richtung Norden und machen einen kleinen Sprung durch die Zeit. Gut 600 Jahre weiter auf dem Zeitstrahl in Richtung Gegenwart erreichen wir das Jahr 886 n. Chr. In jenem Jahr ordnet Guifré el Pilós („Wilfried der Haarige“) den Bau der Festung von Cardona an. Wilfried der Haarige gilt als Begründer Kataloniens, der die faktische Unabhängigkeit der katalanischen Grafschaften vom fränkischen Königreich erwirkte. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass er sich auch in Bezug auf den Bau der Festung von Cardona als Meister militärischer und wirtschaftlicher Strategie erwies.
Was die Burg von Cardona so einzigartig macht, ist zunächst einmal ihre Lage. Sie ist erbaut auf einem „riesigen Gebirge aus Salz, das in gleichem Maße anwächst, wie man es abbaut“. Dies notierte zumindest seinerzeit der römische Konsul Marcus Portius Cato zur Geologie des Ortes.
Im Mittelalter war Salz nicht nur ein unverzichtbares Mittel zum Würzen und Konservieren von Speisen, es fungierte zeitweise auch als Zahlungsmittel. Wilfried der Haarige hatte also seine Festung an einem Ort bauen lassen, dessen Kontrolle ihm und seinen Nachkommen Reichtum über die Jahrhunderte garantieren würde.
Ihre Glanzzeit hatte die Burg von Cardona zwischen dem 11. und und dem 15. Jahrhundert. In jener Zeit nutzten die Herren von Cardona die Burg nicht nur als Festung, sondern auch als herrschaftliche Residenz, während ihre Macht wuchs und wuchs. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Burg erweitert. Immer wieder kamen neue Gebäude hinzu, die neben- und übereinander errichtet wurden. Im Jahr 2017 wurde die Burg von Cardona zum beliebtesten Monument Kataloniens gewählt. Wer mehr über den Salzberg, die Geschichte der Burg und ihre Wandlung zum Hotel-Parador erfahren möchte, kann hier nachlesen. Nebenbei erfahren Sie auch, weshalb die Burg von Cardona zu den „Schätzen Europäischer Filmkultur“ zählt.
Kloster Sant Pere de Rodes
Weiter geht unsere Tour in Richtung Nordosten, bis wir schließlich am nordöstlichsten Zipfel der Iberischen Halbinsel ankommen. Hier, am Cap de Creus, präsentiert uns die Costa Brava die direkte Inspiration für den Surrealismus Salvador Dalís. Wer in den frühen Morgenstunden das ganz spezielle Licht des Cap de Creus und seine bizarren Felsformationen auf sich wirken lässt, wirft einen Blick in jenen Raum, in dem die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit unscharf werden.
In diesem Raum ist vielleicht auch das Benediktinerkloster Sant Pere de Rodes anzusiedeln, das hoch oben über dem Cap de Creus thront. Sein unvergleichlicher Ausblick von einer Höhe von 500m über die Halbinsel und das Mittelmeer ist wohl auf die prekäre Sicherheitssituation zur Zeit der Erbauung des Klosters zurückzuführen. Die erste Erwähnung des Klosters stammt aus dem Jahr 878 . Damals war die Costa Brava häufigen Piratenangriffen ausgesetzt. Doch selbst hier oben auf dem Berg fühlten sich die Benediktinermönche offenbar nicht ganz sicher. Davon zeugen ein trutziger Wehrturm und Klostermauern, die stark an eine Festung erinnern.
Trotz der offensichtlichen Gefahren, zog das heute über tausendjährige Kloster über viele Jahrhunderte Pilger aus ganz Europa an. Um seine Ursprünge ranken sich viele Legenden, denen zu Folge der Leichnam des Heiligen Petrus, oder doch zumindest einige seiner Reliquien hier ruhen. Wer mehr wissen möchte, findet hier unseren kompletten Artikel.
La Seu Vella – Lleidas alte Kathedrale
Nun führt uns die Reise ins Landesinnere nach Lleida. Lleidas alte Kathedrale gilt als eine der herausragenden Schöpfungen der katalanischen Architektur des 13. Jahrhunderts. Sie erhebt sich auf einem Hügel hoch über der Stadt und bietet folglich einen fantastischen Ausblick über Lleida und den Landkreis Segrià.
Die Baupläne stammen aus der Hand von Pere de Coma, jenem Baumeister, der die Romanik nach Lleida brachte. Er entwarf die dreischiffige Kirche auf dem Grundriss eines lateinischen Kreuzes und versah sie mit fünf Absiden. Berühmt ist die Seu Vella außerdem für die filigrane bildhauerische Ornamentik, welche ihre Kapitelle, Gesimse, Konsolen und die Portale ziert. Der hier entwickelte Stil ist charakteristisch für die Arbeit der sogenannten Lleidaner Schule.
Die alte Kathedrale steht jedoch nicht für sich alleine. Sie ist Teil eines Ensembles historischer Gemäuer, zu dem auch die La Suda genannte Königsburg und eine beeinddruckende Festungsanlage gehören. Insofern ist die Seu Vella auch ein idealer Ort, um die bewegte Geschichte der Provinz Lleida Revue passieren zu lassen.
Ihren Glanz im 13. Jahrhundert verdankte die Seu Vella sicherlich auch der Tatsache, dass man nach der Rückeroberung der moslemisch besetzten Gebiete, besonderen Wert auf prachtvolle christliche Gotteshäuser legte. Als Grabastätte adeliger Familien und christlicher Würdenträger gibt die Seu Vella außerdem Zeugnis vom Leben und Wirken einiger historisch bedeutsamer Persönlichkeiten. Nicht zuletzt sind ihre alten Mauern beredte Erzähler alter Legenden und kurioser Andekdoten. Wer mehr wissen möchte, wird hier fündig.
Pinell de Brai – Die Kathedrale des Weines
Eine Reise von etwa 90 Kilometern und ein gewagter Sprung durch die Zeit führt uns nun ins 20. Jahrhundert nach Pinell de Brai. Hier erwartet uns die Weinkellerei des Sindicat Agrícloa del Pinell, ein Meisterwerk der Architektur des Modernisme aus der Hand von César Martinell. Dass dieses entstehen und die prachtvolle Gestalt einer Kathedrale annehmen konnte, verdanken wir der Reblaus. Diese fiel als Plage von Amerika kommend gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Katalonien ein und richtete verheerende Schäden in den hiesigen Weinpflanzungen an.
Die Mehrheit der katalanischen Weinbauern war jedoch nicht geneigt, sich der Reblaus geschlagen zu geben. Sobald die Plage eingedämmt war, ersann man neue, moderne Formen der Weinproduktion. Die Situation verlangte nach Methoden, die Zeitersparnis und Gewinnmaximierung versprachen. Folglich gilt die Weinkathedrale von El Pinell de Brai nicht nur als ästhetische Meisterleistung, welche die Mitglieder der Kooperative stolz auf ihren Arbeitsplatz machte. Sie ist überdies auch eines der beeindruckendsten Beispiele für die Rationalisierung von Arbeitsprozessen im ländlichen Raum.
César Martinell hat die gesamte Spannbreite künstlerischer und stilistischer Mittel seiner Zeit in dieses Bauwerk fließen lassen. In ihrer Struktur hat die Weinkellerei von Pinell de Brai frappierende Ähnlichkeit mit einem christlichen Gotteshaus. Andererseits legt auch ihre erhabene Größe diese architektonische Verwandschaft nahe. Wer sich davon selbst überzeugen möchte, kann der Wein-Kathedrale einen Besuch abstatten, der sich ganz wunderbar mit einer Weinverkostung kombinieren lässt. Weitere Infos gibt es hier.
Casa Milà in Barcelona
Unsere Reise durch Architektur und Zeit findet ihren Abschluss in Barcelona, dem pulsierenden Zentrum Kataloniens und seiner facettenreichen Kultur. Antoni Gaudí ist der Meister des Modernisme, der das Gesicht der katalanischen Hauptstadt wie kein anderer geprägt hat. Deshalb können wir unseren kleinen Trip durch die katalanische Architektur nicht zu Ende bringen, ohne diesem Mystiker der Baukunst einen Besuch abzustatten. Sein berühmtestes Werk ist bekanntlich die weiterhin unvollendete Basilika Sagrada Familia, die man auch liebevoll „Europas größte Baustelle“ nennt.
Antoni Gaudí hat der Stadt jedoch noch viele weitere berühmt gewordene Gebäude geschenkt, von denen wir hier exemplarisch noch einmal die Cala Milà vorstellen wollen. Diesem auch „La Pedrera“ genannten architektonischen Meisterwerk ist ein wunderbarer Kurzfilm gewidmet. Wer in weniger als drei Minuten verstehen möchte, aus welcher Quelle sich die ungemein komplex erscheinende Architektur dieses Hauses speist, der lasse in Ruhe dieses Video auf sich wirken:
In der Pedrera präsentiert sich die einzigartige architektonische Formensprache Gaudís als eine in Stein gegossene poetische Fantasie. Casa Milà ist ein Gesamtkunstwerk, in dem Antoni Gaudí nicht nur für den architektonischen Entwurf verantwortlich zeichnete. Er war überdies auch der Schöpfer sämtlicher Details vom spektakulären Eisentor des Haupteingangs über die sechseckigen Keramikfliesen mit Tintenfisch- Stern und Schneckenmuster bis zu den ergonomisch geformten Türdrückern aus Bronze. Wer mehr wissen möchte, liest hier weiter. Spannende und unterhaltsame Einblicke in die Vorstellungswelt Antoni Gaudís bietet überdies Gaudí Experiència, eine interaktive Ausstellung mit 4D-Kino.