Alle Beiträge von Ferran Porta

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Eine Reise durch 10 Jahrhunderte Geschichte in Katalonien

Vom Mittelalter zurück in die römische Epoche: So eine faszinierende Zeitreise verspricht unsere „Route des Kulturerbes“, die Katalonien von den Pyrenäenhöhen bis zur Küste Tarragonas durchquert. Die Strecke ermöglicht außerdem das Eintauchen in den weltweit geschätzten Modernisme, der katalanischen Variante des Jugendstils. Und noch viel mehr!

Wunderschön wirken das Dorf Boí und die Kirche Sant Joan © Ferran Porta

Der Ausgangspunkt befindet sich in einem der Täler, die den Nationalpark Aigüestortes i Estany de Sant Maurici umgeben. Das Vall de Boí, ein obligatorisches Urlaubsziel für Naturliebhaber, ist auch wegen seines spektakulären romanischen Erbes eine absolute Besonderheit. Schon die Landschaften des Tales im Wechsel der Jahreszeiten haben einen besonderen Reiz. Die berühmteste Sehenswürdigkeit des Tales sind jedoch die neun Kirchen und Wallfahrtskapellen, die seit dem 11. Jahrhundert seine bildhübschen Dörfer prägen und seit dem Jahr 2000 Teil des UNESCO-Weltkulturerbes sind. Auskunft zu Unterkunftsmöglichkeiten und vieles mehr, um das Vall de Boí in aller Ruhe zu erkunden, wird auf der Webseite des örtlichen Tourismusbüros gegeben.

Südlich von El Pont de Suert geht es weiter über die Landstraße N-260 in Richtung La Pobla de Segur. In Senterada, auf halbem Weg zwischen den beiden gelegen, eröffnet sich eine neue Erkundungsmöglichkeit: Das Vall Fosca („Dunkles Tal“) mit seinen 19 pitoresken Dörfern, das einen weiteren Zugang zum besagten Nationalpark darstellt – diesmal jedoch per Luftseilbahn, die allerdings ausschließlich im Sommer in Betrieb ist. Dadurch wird ein Höhenunterschied von über 400 Metern überwunden, Zugang zu etwa 30 Seen und atemberaubenden Wanderwegen und Ausblicken gewonnen. Das Vall Fosca wird von der Landstraße L-503 durchquert, die parallel zum Fluss Flamisell verläuft.

An Bord einer Luftseilbahn auf dem Nationalpark Aigüestortes © Turisme Vall Fosca

Zurück auf der N-260 geht die Route über La Pobla de Segur weiter – für Barça-Fans sicherlich interessant zu wissen, dass in diesem Städtchen der ehemalige FC Barcelona-Kapitän Carles Puyol zur Welt kam. Dort befindet sich eine der zwei Endstationen der Eisenbahnlinie „Tren dels Llacs“ — die andere liegt in Lleida. Bequem vom Sitzplatz eines Oldtimer-Zuges aus, der die beiden Gebirgsketten Mont-roig und Montsec durchquert, genießt der Reisende eine wunderbare Landschaft aus Ackerland, kalkreichen Hanglagen und den stillen Gewässern von vier Stauseen.

Die Erkundungstour geht dann mit dem Auto weiter, das man nun über die C-13 nach Tremp steuert. Die Straße verläuft unweit der Zugstrecke — was den Genuss der gleichen Landschaften gewährleistet, durch die sich der Fluss Noguera Pallaresa zieht. Dieser nährt den 11 km langen Stausee Sant Antoni, der den Reisenden während der Fahrt auf der linken Seite begleitet. In einer knappen Viertelstunde erreicht man Tremp (6.000 Einwohner), den Hauptort des Landkreises Pallars Jussà, mit mehreren historischen Kirchen und interessanten Gebäuden der Zivilarchitektur.

Die Schlucht Mont-Rebei, ein unumgängliches Ausflugsziel für jeden Naturliebhaber © Turisme de Lleida

Südlich davon ergeben sich zwei Routen: Einerseits kann man nach Westen über die C-1311 nach Mont-rebei fahren. Diese spektakuläre Schlucht mit über 500 Meter hohen Steilwänden wird auch der „Grand Canyon Kataloniens“ genannt. Andererseits kann man auch weiter nach Süden Richtung Lleida fahren.

Die Achse Àger – Balaguer – Lleida

Das Dorf Àger mit seinen 500 Einwohnern bietet interessante Kulturerlebnisse, zum Beispiel die Ruine der Stiftskirche Sant Pere, deren Ursprünge im 11. Jahrhundert liegen. Außerdem gibt es hier zwei romanische Wallfahrtskapellen: La Pedra, die teilweise in den Felsen hinein gebaut wurde, und La Pertusa, damals innerhalb der Mauern einer Burg gelegen und heute ein wunderbarer Aussichtspunkt auf einem 570m hohen Hügel.

Eine Attraktion für die ganze Familie ist der Parc Astronòmic del Montsec, ein Komplex, der neben einem 3D-Multimedia-Planetarium auch über einen Teleskop-Park und eine Dauerausstellung verfügt.

Himmelsbeobachtung von der Sternwarte Montsec in Àger © Dossier P&M

Bis zur Stadt Lleida sind es nur 60 km, eine knappe Autostunde – am Wegesrand liegen noch weitere Highlights! Kaum 20 Kilometer von Àger entfernt, befindet sich das Monestir de les Avellanes. Die Abtei aus dem 12. Jahrhundert, die inmitten üppiger Wälder liegt, wird seit 1910 von Mönchen der Maristen-Ordensgemeinschaft bewohnt und auf ihren Wunsch der Öffentlichkeit zugänglich. In diesem Sinne stellt das Kloster den Besucherinnen und Besuchern sowohl 37 Gästezimmer als auch ein Restaurant zur Verfügung.

Nach dem Zwischenstopp geht es nach Balaguer weiter, dem Hauptort des größten Landkreises Kataloniens: La Noguera. Gründe für eine Stadtbesichtigung gibt es auch hier jede Menge: Angefangen mit der maurischen Altstadt und der Stadtmauer aus dem 11. und 12. Jahrhunderte über das Kloster Sant Domènec und die gotische Kirche Santa Maria bis zur Basilika Sant Crist, die dem lokalen Schutzpatron gewidmet ist.

Und so erreicht man Lleida, die bevölkerungsreichste Stadt im Innern Kataloniens. Als Wahrzeichen der Stadt sticht ohne Zweifel die „Seu Vella“ hervor, die alte Kathedrale im romanisch-gotischen Stil, die auf einem kleinen Hügel steht und weite Aussichten auf die Stadt bietet. Gleich daneben erhebt sich die maurische Festung „La Suda“: Sie wurde spätestens im 9. Jahrhundert errichtet, als die Sarazenen die Stadt besetzten, und bietet eine kleine Ausstellung zur Geschichte des Gebäudes. Außerdem verfügt sie über den höchsten Aussichtspunkt auf die Stadt.

Die Stadt Lleida liegt zu Füßen der imposanten Seu Vella © Turisme de Lleida

Lleida wird vom Ebro-Nebenfluss Segre durchquert, an dessen Ufer der Volksgarten „Camps Elisis“ liegt. Dort werden bei Einheimischen beliebte Events organisiert; darunter das „Aplec del Caragol“, ein riesiges Schnecken-Fest, das alljährlich in der zweiten Maihälfte von ungefähr 300.000 Besuchern gefeiert wird.

Für weitere Informationen zum kulturellen und touristischen Angebot Lleidas kann man sich an das lokale Tourismusbüro wenden (Carrer Major, 31) oder dessen Webseite besuchen.

Unterwegs zu den alten Römern!

Auf der Suche nach den wichtigsten Überresten der Römerzeit in Katalonien geht die Route über Montblanc weiter. Der Hauptort des Landkreises Conca de Barberà liegt an der nördlichen Spitze des Prades-Gebirges und befindet sich somit unweit der Wein- und Olivenöl-Region Priorat – welche der nächste Zwischenstopp sein wird. Zuerst aber konzentrieren wir uns auf das besagte Städtchen, das wegen seines mittelalterlichen Erbes ein unumgängliches Ausflugsziel ist. Die Altstadt sowie ihr umgebendes Gemäuer aus den 13. bis 14. Jahrhundert sind bis in unsere Tagen so wunderschön erhalten geblieben, wie sie damals aussahen. Und noch dazu bietet Montblanc unter anderem erstklassige Gastronomie oder entspannte Wanderrouten entlang des Flusses Francolí.

Die Kirche Santa Maria dominiert über die Stadtlandschaft von Montblanc © Ajunt. de Montblanc

Nach der Besichtigung Montblancs kann der Katalonien-Erkunder das Prades-Gebirge auf den Straßen N-240 und TV-704 durchfahren und so in die berühmte Weinregion Priorat, die über zwei verschiedene Herkunftsbezeichnungen für Wein (D.O.) verfügt, vordringen. Unter ihren diversen alten Dörfern, jedes mit seinem Reiz, ist in diesem Fall Siurana das Ziel. Das Dorf bietet eine märchenhafte Kulisse für die lokale Gastronomie; nicht zuletzt seine privilegierte Lage auf einem Felsen mit grandioser Aussicht – knapp 700 m darunter fließt der gleichnamige Fluss gemächlich in Richtung Ebro. Die Besichtigung wird bestimmt niemanden kalt lassen!

Das etwa 50 km entfernte Tarragona nähert sich und damit auch der letzte Stopp dieser „Route des Kulturerbes“. Auf dem Weg nach Tarragona liegt noch eine weitere Stadt, die man sich angucken sollte: Reus. Gründe dafür gibt es mehrere: Architektonisch gesehen ist die Geburtstadt Antoni Gaudís dank der „Ruta del Modernisme“, der von dem örtlichen Tourismusbüro gefördeten Jugendstil-Route, sozusagen eine Pflichtstation. Diese Strecke im Zentrum von Reus führt entlang 29 fantasievollen Gebäudefassaden. Einige dieser Gebäude können sogar besichtigt werden.

Außerdem bietet Reus mit seinem lokal hergestellten Wermut noch eine weitere Besonderheit. So werden unter der Marke „Vermut de Reus“ spezielle Events organisiert, die jeden Fan dieses aromatisierten Weines mit Sicherheit ansprechen werden. Für weitere Ideen in der Stadt besuchen Sie die Webseite von Reus Turisme.

Und so kommt man, nach etwa 230 km und mit jeder Menge Kultur, Natur und Kulinarik im Rucksack, in die monumentale Hauptstadt der ehemaligen römischen Provinzhauptstadt Hispania Citerior: Tarraco, das heutige Tarragona. Die Route, die mit katalanischem Weltkulturerbe in den Pyrenäen begann, endet nun mit katalanischem Welterbe an der Mittelmeerküste. Ein imponierendes Modell der römischen Stadt kann man im Geschichtsmuseum (Museu d’Història) sehen, welches den Besuchern die Stadtplanung von Tarraco näherbringt – ganz zu schweigen vom Museum selbst!

Das Amphitheater von Tarragona ist Teil des ehrwürdigen „Archäologischen Ensembles von Tarraco“

Alles, was zu einer Tarragona-Besichtigung gehören sollte, wird ausführlich auf der Webseite von Turisme de Tarragona erklärt. Eine abschließende Empfehlung: Vom „Balcó del Mediterrani“ aus, der sich etwa 40 Meter über dem Meeresspiegel erhebt, einen Blick auf dasselbe Mittelmeer zu werfen, das vor 2000 Jahren die Ankunft römischer Schiffe an der Küste Kataloniens erlebte. Denn dort begann ein wichtiger Teil der Geschichte Europas, deren Erinnerung für die Einheimischen und Besucher Tarragonas bis in unsere Tage bewahrt wird.

Viel Freude bei der Zeitreise durch Katalonien!

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Boí: Ein Tal voller Schätze!

Dutzende von Tälern durchziehen die katalanischen Pyrenäen zwischen dem westlichen Ende und ihrer „Mündung“ im Osten über die Halbinsel Cap de Creus hinaus im Mittelmeer. Ihr Reiz verdankt sich in erster Linie der Kombination aus atlantischem (im Westen) und mediterranem (im Osten) Klima, die eine vielfältige Pflanzen- und Tierwelt begünstigt – noch gesteigert von den Ausblicken, die sich einem vielerorts bieten. Eines dieser wunderbaren Täler heißt Boí. Und genau dahin begeben wir uns nun!

Geführte Besichtigungen können Sie hier buchen!

 

Neben seinem außergewöhnlichen Weltkulturerbe bietet das Boítal einen direkten Zugang zum Parc Nacional d’Aigüestortes i Estany de Sant Maurici

 

Das an Aragonien angrenzende Vall de Boí wird vom Nebenfluss Noguera de Tor durchquert, der im Norden am Stausee Cavallers entspringt und etwa 25 Kilometer weiter in den Hauptfluss Noguera Ribagorçana mündet. Der Noguera de Tor stellt gewissermaßen die Wirbelsäule des Tales dar, zusammen mit der Landesstraße L-500, die seinem Lauf folgt. Über die L-500 lässt sich das Tal ab El Pont de Suert unkompliziert erkunden.

Vieles, aber vor allem Architektur – und was für welche!

Bäderkultur, Wanderwege und Reitpfade, Fahrradtourismus oder Bergsteigen: All das und noch mehr bietet ein Aufenthalt im Vall de Boí, wie auf der Webseite von Vall de Boí Tourismus zu sehen ist. Gleichwohl sind Architektur und Geschichte zwei Begriffe, die das Boítal vortrefflich beschreiben. Denn nicht weniger als acht Kirchen und eine Wallfahrtskapelle prägen seit dem Frühmittelalter Land und Leute. Tatsächlich beherbergt das Tal die größte Dichte an romanischer Kunst in ganz Europa – ein beeindruckendes Freilichtmuseum!

Im Dorf Barruera (ca. 200 Bewohner) befindet sich das Tourismusbüro. Es ist ratsam, die Route hier zu beginnen, wo man sich ausführlich informieren kann über das allgemeine Angebot im Tal, so etwa über den Nationalpark Aigüestortes, dem einzigen seiner Art in Katalonien und weiteres Prunkstück der Region.

In Barruera selbst steht eines der besagten neun Gotteshäuser, welche die UNESCO im Jahr 2000 zum Weltkulturerbe erkor. Die Ursprünge der Kirche Sant Feliu reichen bis im 11. Jahrhundert zurück; und kaum eine andere Kirche hat im Laufe ihrer Geschichte mehr Transformationen erlebt. So werden Kunstkenner schnell die verschiedene Baustile feststellen, die Sant Feliu ausmachen – wie etwa an den beiden Apsiden: Die zentrale Altarnische aus dem 11. Jahrhundert erscheint irregulärer und gröber als die ein wenig kleinere, südlich davon platzierte, die gut ein Jahrhundert später angefügt wurde.

Die Landstraße L-500 durchzieht das Vall de Boí.

Das Romanik-Zentrum, das die Vergangenheit erklärt

In Richtung Norden erwarten die Besucher des Boí-Tales noch vier weitere Kirchen, eine faszinierender als die andere. Der quadratische, zierliche Glockenturm von Santa Eulàlia d’Erill la Vall, eine der spektakulärsten im ganzen Tal, ist ein hervorragendes Beispiel für den sogenannten „lombardischen Baustil“, der aus Italien in andere europäische Regionen übersprang. Beachtliche sechs Stockwerke hoch ist der Turm, der damals so die Kommunikation zu den beiden Kirchen ermöglichte, die interessanterweise mit Santa Eulàlia eine Linie bilden: Sant Joan de Boí und Sant Climent de Taüll.

In Erill la Vall befindet sich zudem das sogenannte Centre del Romànic. Dort erhält der Besucher Hinweise zum architektonischen Erbe des Tales, u.a. zur Romanik in der Region, zur mittelalterlichen Gesellschaft oder zu den Bautechniken, die bei der Errichtung und Innenausstattung der Kirchen zum Einsatz kamen.

Eine umfangreiche Restaurierung in den 1970er Jahren gab Sant Joan de Boí ihre alte Pracht zurück, wie auf dem unteren Bild zu sehen ist.

 

Kaum fünf Minuten mit dem Auto entfernt, stolpert man quasi über Sant Joan de Boí. Ihren (einer Basilika ähnlichen) dreischiffigen Grundriss hat die Kirche mit Sant Climent und Santa Maria im benachbarten Taüll gemein. Besonders sehenswert sind die vor einigen Jahrzehnten restaurierten Wandmalereien, die nun Sant Joan wie ursprünglich aussehen lassen.

Die fast gerade Linie von Santa Eulàlia im Westen über Sant Joan, Santa Maria und Sant Climent findet ihr östliches Ende in Taüll. Das Dorf wies in der Vergangenheit drei Kirchen und eine Wallfahrtskapelle auf. Allerdings hat eines dieser vier Bauwerke dem „Zahn der Zeit“ nachgegeben, und so sind von Sant Martí nur ein paar Steine erhalten. Von den drei noch existierenden Gotteshäusern stellt die Kirche Sant Climent de Taüll das unbestrittene Kleinod des gesamten Tales dar. Viele Katalanen steuern vor allem wegen Sant Climent das Boí-Tal an!

Der auferstandene Christus von Taüll

Besonders die sogenannte Majestas Domini (‚Herrlichkeit des Herrn‘) oder auch Pantrokrator (‚Weltenherrscher‘) in der Apsiskalotte, der halbkuppelförmigen Apsiswölbung, prägte jahrhundertelang das Innere der Kirche. Die originale Wandbemalung dieses wunderbaren Pantokrator wurde wie so manche Kunstschätze aus dem Tal zu Beginn des 20. Jahrhunderts vorsichtig entfernt und ins Museu Nacional d’Art de Catalunya versetzt, um sie der Nachwelt zu erhalten.

An ihrer Stelle wird seit neustem ein eindrucksvolles sogenanntes Videomapping projiziert, das den Herstellungsprozess des Kunstwerkes von den ersten Strichen bis zur Vollendung nachzeichnet. Diese 10-minütige audiovisuelle Rekonstruktion hat noch keinen Zuschauer unbeeindruckt gelassen!

Ein absolutes Muss bei jedem Ausflug ins Boí-Tal ist das Videomapping in Sant Climent.

 

In der Kirche sind weitere biblische Szenen oder Figuren zu sehen, wie etwa Kain und Abel oder auch Lazarus; und natürlich darf auch ihr Namensgeber, der Heilige Clemens, nicht fehlen.

Fünf Minuten entfernt liegt die zweite Kirche im Dorf, die ebenfalls zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört: Santa Maria de Taüll. In gewisser Weise ist sie die „kleine Schwester“ der am 10. Dezember 1123 geweihten Sant Climent, denn Santa Maria folgte nur einen Tag später.

Im Innenraum fällt eine Nachbildung der Zentralapsis ins Auge, die eine Szene des Dreikönigsfestes zeigt. Auch an der Südwand sind die Heiligen Drei Könige, welche das Jesus-Kind verehren, die Protagonisten. Im 18. Jahrhundert wurde die Kirche in erheblichem Maße im Barockstil umgebaut, zu einem späteren Zeitpunkt jedoch in ihren romanischen Urzustand zurückgeführt. Ihr leicht schräger Turm umfasst fünf identisch dekorierte Etagen.

Von Taüll aus gelangt man in einer knappen Viertelstunde über die L-500 nach Durro. Die ruhige, geschlängelte Landstraße „carretera de Durro“ gibt einen Vorgeschmack darauf, welch großartige Landschaft sich unter diesem Dorf auftut. Am Ziel auf 1.400 Meter Höhe überragt der Turm der dominanten Nativitat de Durro die Hausdächer des Ortes, gebaut vermutlich in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts – also später als die übrigen Gotteshäuser unten im Tal.

Von der Wallfahrtskapelle Sant Quirc aus bieten sich weite Ausblicke auf die Berge und das Dorf Durro, zu dem sie gehört

 

Eine halbe Stunde zu Fuß oder fünf Minuten per Auto reichen, um zur Wallfahrtskapelle Sant Quirc de Durro zu gelangen. Diese Einsiedelei, ebenfalls von der UNESCO in die Liste aufgenommen, zeichnet sich durch eine anmutige Schlichtheit als auch durch ihre privilegierte Lage aus – ihr Besuch lohnt sich nicht minder als bei den anderen acht (klassischen) Gotteshäusern.

Die beiden südlichsten Kirchen

Zurück in Richtung El Pont de Suert liegen noch zwei weitere Kirchen an der Strecke: Santa Maria de Cardet weist eine der spektakulärsten Apsiden des gesamten Vall de Boí auf, und darüber hinaus besitzt sie als einzige der neun erstaunlichen Kirchen einen für das Tal eher ungewöhnlichen Glockengiebel.

Vervollständigt wird die Weltkulturerbeliste durch die Kirche Assumpció del Cóll mit ihrem kleinen, robusten Turm und gleich drei romanischen Becken im Innenraum: Tauf-, Öl- und Weihwasserbecken.

Die „Església de la Nativitat“ („Geburtskirche“) steht mitten im pittoresken und denkmalgeschützten Durro

 

Das Vall de Boí geht in Barcelona weiter

Mit dem Ziel, einen Ausverkauf der vielen ungeschützten Schätze genannter Kirchen an reiche Sammler zu verhindern sowie sie vor schädlichen Einflüssen des rauen Regionalklimas zu schützen, wurden die meisten Originalkunstwerke auf behutsame Weise abgetragen und vornehmlich ins Museu Nacional d’Art de Catalunya (MNAC) auf dem Montjuïc in Barcelona verbracht.

So kann im Centre del Romànic in Erill la Vall ein Ticket erstanden werden, das die Besichtigung aller geöffneten Kirchen im Tal sowie des MNAC in Barcelona beinhaltet. Gültigkeitsdauer: ein Jahr! Für Informationen dazu hier klicken.

Weitere Details zum Boí-Tal finden Sie durch diesen Link: www.vallboi.cat/en.

📸 Alle Bilder © Katalonien Tourismus/Ferran Porta (außer Karte vom Boítal © Turisme Vall de Boí)

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Katalonien, Küche, Kunst: Nahrung für Körper und Seele

Wenn man sich mit dem Begriff der Kunst beschäftigt, gehen die Gedanken in erster Linie in Richtung Malerei oder Bildhauerei – als müsste sie notwendigerweise an einer Wand hängen oder auf einem Sockel stehen, mit dem einzigen Zweck, (unberührt) bewundert zu werden. Diese Einschätzung ist offenbar unvollständig – denn „Kunst“ ergibt sich auch im alltäglichen Leben, etwa in Form von „Kochkünsten“.

Die Verbindung zwischen Kunst und Kochen zeigt sich auf besondere Weise in Katalonien. Nicht weiter verwunderlich, wenn die Rede von einer Region ist, die mit weltberühmten Köchinnen und Köchen – Künstlern eigener Rangordnung – punkten kann: Von Ferran Adrià, über die Gebrüder Roca bis Carme Ruscalleda, um nur die bekanntesten Namen zu nennen, reicht die lange Liste derer, die seit Jahren Kataloniens gastronomischen Medaillenspiegel stark erhöhten. Als Beleg dafür strahlen die 54 Restaurants mit Michelin-Sternen, welche die katalanische Küche im Jahr 2018 zuerkannt bekommen hat – so viele wie sonst keine andere Region auf der gesamten Iberischen Halbinsel.

Essbare Kunstwerke auf dem Teller: Joan Miró wäre in La Cuina d’en Norat auf Spuren seines Werkes gestoßen

 

Erstklassige katalanische Küche wird einem allerdings nicht nur in Sterne-Restaurants vorgesetzt, sondern auch in ganz „normalen“ Gastwirtschaften zubereitet und serviert. Voraussetzung: Zutaten von Spitzenqualität.

Gut(es) Essen im Landkreis Alt Empordà

 

Das Geheimnis einer nachhaltigen und gesunden Ernährung besteht in der Verwendung erstklassiger lokaler und saisonaler Produkte. Gute Rezepte und selbstverständlich kulinarische Fertigkeiten können nicht schaden – dann sind der Phantasie in der Küche keine Grenzen gesetzt!

So bekamen vor einiger Zeit Teilnehmer einer Erkundungstour im Norden Kataloniens bei La Vinyeta – selbstverständlich regionale – Delikatessen zur Verkostung gereicht. Bei einer Kellerei im Landkreis Alt Empordà gehören die berühmten Anchovis aus L’Escala fast automatisch zum Menü, und ebenso entstammten die dazu gereichten Gemüse von benachbarten Erzeugern. Unter den Weinen aus – natürlich – eigener Produktion, stach És Poma hervor, eine so genannte „Mistela“, die aus der Weinsorte Grenache und Apfelsaft gewonnen wird.

Zu guter Letzt darf der Hinweis nicht fehlen, dass die erst 2006 eröffnete La Vinyeta soeben für ihr Angebot im Bereich Weintourismus mit dem „Premi d’Enoturisme 2017“ ausgezeichnet wurde.

Einen breiten Katalog typischer Produkte aus Katalonien hielt das Restaurant des Campingplatzes Castell Mar in Castelló d’Empúries für seine Gäste als Fingerfood bereit. Neben den unumgänglichen Anchovis gehörten auch Wurstwaren wie etwa Fuet oder Botifarra dazu, und natürlich Pa amb tomàquet (Brot mit Tomaten), das auf keiner katalanischen Tafel fehlen darf – genauso wenig Cava!

Vor dem Mittag- oder Abendessen, oder aber auch als „Gabelfrühstück“, genießt man in Katalonien verschiedene Würste und Pa amb tomàquet. Cava verleiht der Mahlzeit das prickelnde Etwas!

 

Etwa 40 km landeinwärts von der Küste des Alt Empordà befindet sich der Campingplatz Bassegoda Park mit seinem Restaurant Agumas, welches seine Menüs den Jahreszeiten anpasst. Ob Pilze, Kürbis oder aber Kirschen – es kommen immer nur die besten Regionalprodukte in den Topf bzw. auf den Tisch – und selbstredend nur Weine der Herkunftsbezeichnung Empordà.

Frische Zutaten aus der Umgebung und eine erlesene Präsentation prägen die Küche von Agumas

 

Diese Prinzipien gelten ebenso für das Wirtshaus des Campingplatzes Salatà sowie für das – der gleichen Gruppe angehörende – Restaurant La Cuina d’en Norat, beide in Roses. Im Hochsommer bestimmt ein täglich wechselndes Motto den Menüplan, etwa sehr populäre Grillabende oder Paellakochen.

Die feinsten Produkte mit den originellsten Vorstellungen

Die Kreativität lässt sich in der katalanischen Küche auf verschiedene Wege feststellen, so wie das Video unten zeigt: Austern, Venus- und Entenmuscheln werden im Restaurant des Campingplatzes Las Dunas, in Sant Pere Pescador, auf spektakuläre Weise vorbereitet. Schon der Anblick des Gerichts ist eine Augenweide – ganz zu schweigen vom kulinarischen Genuss!

 

Daneben gibt es noch viel mehr zu probieren, was Körper und Geist gleichermaßen stärkt. Hier noch ein paar weitere appetitanregende Beispiele:

Taschenkrebs-Cannelloni, umhüllt von Avocado

 

Die Glasaale aus Sant Pere Pescador werden an der Mündung des Flusses Fluvià in den Golf von Roses geangelt

 

Das Fleisch des japanischen Wagyū-Rinds stellt eine kulinarische Delikatesse sondergleichen dar

 

Auch bei den Desserts kann man die Kreativität zur Freude der Tischgenossen walten lassen. Als Beispiel dafür dient das Eis von Creme Catalane mit Feigenkonfitüre (Bild unten), das im Hotel-Restaurant Duran in Figueres serviert wird. Eine ganz eigenwillige Präsentation der „crema catalana“, eine klassische katalanische Nachspeise aus Milch, Eiern und Zucker, und der Creme brulée nicht ganz unähnlich, dürfte niemanden wirklich überraschen. Schließlich hat einer der berühmtesten Künstler aller Zeiten oft im Duran diniert: Der in Figueres geborene Meister des Surrealismus höchstpersönlich, Salvador Dalí, dessen Museum sich kaum 5 Minuten vom Restaurant entfernt befindet. Nirgendwo anders hätte eine „crema catalana“ so anders aussehen– und genauso lecker schmecken – können!

 

Der Meisterkoch kehrt 2019 zurück!

Exakt im Landkreis Alt Empordà befand sich bis 2011 das weltweit bekannte Restaurant El Bulli vom mehrfach preisgekrönten Ferran Adrià. Seine Kochkunst hatte einen starken Einfluss auf die kulinarische Landschaft der Region und ganz Kataloniens, und hat so die katalanische Esskultur stets vorangebracht.

Nun bereitet Adrià seine Rückkehr vor: 2019 öffnet unter dem Namen elBulli1846 der Nachfolger jener „Kathedrale des Genusses“, und zwar an der Cala Montjoi bei Roses, wo sich schon der Vorgänger befand.

Eine weitere gute Nachricht für alle Feinschmecker, die Katalonien in ihrem Reiseprogramm haben. Guten Appetit allen – Bon profit!

Sternkoch Ferran Adrià bei der Zubereitung eines Gerichts

📸 Alle Bilder © Katalonien Tourismus/Ferran Porta (außer Bild von Ferran Adrià © Arthur Friedrerich Selbach)