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Von Meer zu Meer – eine Reise durch Zentralkatalonien

Unsere neue Route durch Katalonien beginnt in der Weltstadt Barcelona – und am anderen Ende der Strecke wartet das Ebrodelta auf uns. Der Weg führt vorbei an Weinbergen, Kellereien sowie geschichtsträchtigen Klöstern. Gourmets wie Weinliebhaber, Kunst- wie Geschichtsinteressierte, Wander- wie Naturfans – alle kommen hier auf ihre Kosten. Eine angenehme Fahrt allen Mitreisenden!

Eine Region hervorragender Weine und Cavas

Von Barcelona aus geht es über die Autobahn AP-7 in Richtung Tarragona. Nach etwa 45 km legen wir ersten Zwischenstopps ein in den Städtchen Vilafranca del Penedès und Sant Sadurní d’Anoia ein, beide im Penedès gelegen. Eine von insgesamt zwölf katalanischen Herkunftsbezeichnungen für Weine (auf Katalanisch kurz: D.O.) trägt den Namen dieser bedeutenden katalanischen Cava- und Weinregion: D.O. Penedès.

In beiden Ortschaften hat sich jeweils eine lokale Institution der Welt der Weine und Cavas verschrieben. Bereits 1935 entstand in Vilafranca das Vinseum, das die Geschichte der Weinherstellung in der Region – und im weiteren Sinne in Katalonien – vermittelt. Das in zwei repräsentativen gotischen Gebäuden untergebrachte Weinmuseum beschäftigt sich über sein Kernthema hinaus auch mit regionaler Völkerkunde, Archäologie und Kunst.

Seinerseits liegt der Schwerpunkt des sogenannten Centre d’Interpretació del Cava in Sant Sadurní – wie der Name andeutet – auf der Geschichte der regionalen Cava-Tradition. Nach dem Besuch beider Informationszentren ist man dann bestens vorbereitet auf die Erkundung von Kellereien und Weinbergen. Zum Thema Weintourismus – Verkostungen inklusive – findet sich ausführliche Information auf unserer Webseite.

Die spirituelle Zisterzienserroute

Im Mittelalter waren es oft Mönche, die sich der Weinproduktion in Katalonien widmeten. So etwa im Kloster von Escaladei in der angesagten Weinregion Priorat; desgleichen in den drei Zisterzienserklöstern, an denen unsere Route vorbeiführt.

Santes Creus, Santa Maria de Poblet und Vallbona de les Monges mögen für deutschsprachige BesucherInnen nicht die unkompliziertesten Namen sein; dennoch lohnt es sich, die drei Klöster im Kopf zu behalten. Mit ihrer Geschichte und ihren steinernen Zeugnissen bereichert die Zisterzienserroute, an der die drei liegen, jedes Besichtigungsprogramm!

 

Drei geschichtsträchtige Klöster

Alle drei Klöster entstanden seit dem 12. Jahrhundert. Kataloniens erste Zisterziensergemeinschaft war ansässig in Santes Creus (von Vilafranca del Penedès nur 40 Minuten über die Autobahnen AP-7 und AP-2 entfernt). Krönung der Anlage ist der gotische Kreuzgang mit seinen dekorierten Kapitellen – aber auch die Glasmalereien (insbesondere die Rosette) sind echte Präziositäten!

Das Kloster Santes Creus ist eine architektonische Augenweide. © José Luis Mieza CC BY-NC-SA 2.0

Weiter auf der AP-2 gelangt man nach Vilobí i Poblet. Absoluter Publikumsmagnet der Gemeinde ist eines des eindrucksvollsten Klosterensembles Europas: Santa Maria de Poblet. In diesem UNESCO-Weltkulturerbe steht zunächst eine Besichtigung verschiedener Räumlichkeiten auf dem Programm, darunter die prachtvolle Bibliothek sowie das Refektorium samt Küche. Dann geht’s zu den kunstvoll verzierten Gräbern, in denen die Gebeine katalanischer Könige und Adliger ruhen. Lebendig gehalten wird die Spiritualität des Ortes durch die noch heute hier residierenden Mönche. Deren Gesänge verschaffen einem ein unbeschreibliches Gefühl von innerem Frieden…

Nördlich von Poblet steht Vallbona de les Monges, in dem noch immer eine Gemeinschaft von Nonnen („monges“) lebt. Vallbona ist der vielleicht unbekannteste und zugleich überraschendste Schatz der Zisterzienserroute – ein gelungenes Beispiel für den Übergang von der Romanik zur Gotik, denn seine Fertigstellung zog sich bis zum 14. Jahrhundert hin.

Teile der Weinregion Priorat sind vom Montsantgebirge geprägt, wie hier in Gratallops. © Consell Comarcal del Priorat

Qualitätsweine und grandiose Aussichten!

Nach der Weinregion Penedès sowie den „Klosterregionen“ Alt Camp, Conca de Barberà und Alt Urgell begeben wir uns nun vom Kloster Vallbona (über die Landstraße C-14) in die Weinregion Priorat.

Der Priorat hat in den letzten Jahrzehnten einen unvergleichlichen Aufschwung erlebt. Noch bis in

die 1970er Jahre hinein verlor der Landkreis nach und nach vor allem die jüngere Generation, die für sich dort keine Zukunft mehr sah und in andere Ecken Kataloniens zog. Irgendwann aber fiel lokalen Weinherstellern auf, dass die Böden und die Klimabedingungen ideal sind für kräftige, bekömmliche Weine. Dazu mussten einzig die Produktionsverfahren modernisiert werden. Gesagt, getan!

Und diese Änderungen haben sich als höchst erfolgreich herausgestellt. Aktuell verfügt der Landkreis sogar über zwei Herkunftsbezeichnungen – so vielfältig sind seine Böden: die D.O. Montsant und die D.O.Q. Priorat, die einzige in ganz Katalonien mit dem Zusatz „Q“ für „Qualitätswein“. Unter den aktiven Weinproduzenten im Priorat befinden sich übrigens viele Töchter und Söhne besagter Generation, die sich einst aus ökonomischen Gründen zum Verlassen ihrer Heimat genötigt sah.

Zwei Gebirgsmassive – Prades und Montsant – prägen die Landschaft dieser Region, die reich an malerischen Dörfern ist. Ein Paradebeispiel ist Siurana mit seiner spektakulären Lage (und ebensolchen Aussichten). Ein anderes ist La Vilella Baixa, dessen hohe Häuser ihm den Beinamen als „das New York des Priorats“ einbrachten. Ein kleiner Tipp am Rande: Im Laden Cal Centro kann man leckere „embutits“ (Würste) erwerben.

Am anderen Ufer des Ebros: Kriegsspuren

Der nächste Halt ist der größte Ort des Landkreises: Falset. Dessen „Kathedrale“ hat rein gar nichts mit Religion zu tun – eventuell doch, je nach Credo! Tatsächlich handelt es sich um die 1919 im Jugendstil errichtete Weingenossenschaft, eines jener Gebäude, die in Katalonien wegen ihrer monumentalen Architektur gemeinhin als „Weinkathedralen“ bekannt sind. Ihr „Vater“, der Architekt César Martinell, ging bei Antoni Gaudí in die Lehre.

Auf der N-420 gelangt man in einem knappen Viertelstündchen in die Gemeinden Móra d’Ebre, Corbera d’Ebre und Gandesa jenseits des Ebros. In die Hügel und Ebenen der Gegend haben sich die Spuren des Spanischen Bürgerkrieges (1936-1939) eingeschrieben als Schauplatz einer der grausamsten Schlachten, die als „Batalla de l’Ebre“ in die Geschichtsbücher einging. Nach vier Monaten erbitterten Kampfes drangen die „Nationalen“ – die Putschisten um General Franco – nach Katalonien vor und nahmen am 26. Januar 1939 Barcelona ein.

Die Genossenschaftskellerei im Jugendstil ist Gandesas ganzer Stolz. © Pepo Segura/Angle Editorial

In vielen Ortschaften dieses Landstrichs erinnern Monumente und Einrichtungen an die verlustreiche „Ebroschlacht“: die Burg von Móra d’Ebre zum Beispiel, oder aber das auf einem Hügel gelegene „Geisterdorf“ Corbera d’Ebre. Dieses wurde im Bombenhagel dem Erdboden gleichgemacht, seine Bewohner flüchteten – bei ihrer Rückkehr errichteten sie am Fuße jenes Hügels ein zweites Corbera d’Ebre. In mehreren Gemeinden der Terra Alta erläutern Informationszentren („Centres d‘interpretació“) detailliert die wechselhafte Regionalgeschichte

Das bedeutendste dieser Art steht in der Kreisstadt Gandesa: das Centre d’Estudis de la Batalla de l’Ebre. Ganz wie – und damit kehren wir zum Thema Wein zurück – eine der ausgefallensten „Weinkathedralen“ Kataloniens überhaupt: Die Genossenschaftskellerei wurde, genauso wie die „Celler cooperatiu“ in benachbarten Pinell de Brai, vom bereits erwähnten Architekten César Martinell im Jugendstil erbaut. Nur konsequent, dass auch die Terra Alta über eine eigene Herkunftsbezeichnung (D.O. Terra Alta) verfügt, die ihre gesamten zwölf Gemeinden einschließt.

Die Stadt der drei Glaubensrichtungen

Die Route nähert sich ihrem Ende. Über die Landstraßen C-43 und C-12 erreicht man in einer halben Stunde Tortosa, die historische Hauptstadt der „Terres de l’Ebre“, der Region am wasserreichen Unterlauf des Ebros. Ganz in der Nähe erstreckt sich der Naturpark Els Ports mit seiner artenreichen Tier- und Pflanzenwelt.

In der Bischofsstadt, die vier Jahrhunderte lang unter muslimischer Herrschaft lebte, existierten im Spätmittelalter die drei großen monotheistischen Religionen friedlich nebeneinander. Christentum, Islam und Judentum formten gleichermaßen Tortosas markantes architektonisches Erbe: die Burg La Suda, das jüdische Viertel, der Glanz der Renaissance sowie der Modernisme (Jugendstil) prägen das Stadtbild – ein wunderbarer Zwischenstopp auf der Route!

Von Tortosa aus ist das Ebrodelta nicht weit, wo neben Vogelbeobachtung, Strandurlaub oder Fahrradfahren auf sogenannten „Vies verdes“ („Grüne Wege“) auch der Besuch von Ortschaften wie Amposta, Deltebre oder Sant Carles de la Ràpita lockt – ganz zu schweigen von bekömmlichen Reisgerichten, zubereitet mit regionalem Reis aus dem Delta.

Gute Fahrt und guten Appetit!

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