Barcelona hat viele Gesichter. Jenseits der bekannten Sehenswürdigkeiten und Monumente hütet die Stadt herzzerreißende Geschichten, überraschende Anekdoten und kuriose Andenken an den Alltag vergangener Tage. Darüber hinaus hat Barcelona auch einige skurrile Fakten zu bieten, deren Kenntnis in den Bereich des ebenso nutzlosen wie amüsanten Wissens fällt. Wir haben für Sie unsere Top 10 der Kuriositäten Barcelonas zusammengestellt.
Warum schmückt ein Wappen des FC Barcelona ein Kirchenfenster der Kathedrale Santa Maria del Mar?
Die Kathedrale Santa Maria del Mar ist eines der Wahrzeichen Barcelonas. Inmitten der Altstadt ragen ihre monumentalen Türme in den Himmel. Erbaut wurde sie im 14. Jahrhundert, in der Rekordzeit von gerade einmal 55 Jahren. Diese kurze Bauzeit bescherte Santa Maria del Mar einen einheitlich gotischen Stil, der sie an sich schon zu einem Unikum macht. Wie aber kommt nun das Wappen des 1899 gegründeten FC Barcelona in das Kirchenfenster einer gotischen Kathedrale? Kurz gesagt: Als Folge des Bürgerkriegs. 1936 kam es zu einem Brand, bei dem die Fenster und Innenräume der Kirche weitgehend zerstört wurden. Im Jahr 1960 spendete der FC Barcelona 100.000 Peseten für die Restauration. Die Abbildung des Barça-Wappens im Kirchenfenster ist sozusagen ein Dankeschön der Kathedrale Santa Maria del Mar an den berühmtesten Fußballclub Kataloniens.
Warum feiern die Fans des Barça die Siege ihrer Mannschaft immer am Brunnen Font de Canaletes?
Für Insider und Barça-Fans ist der gusseiserne Brunnen Font de Canaletes am nördlichen Ende der Ramblas zweifellos eines der Wahrzeichen Barcelonas. 1860 eingeweiht, zählt der Font de Canaletes inzwischen zu den Legenden Barcelonas. Erstens deshalb, weil man sich erzählt, dass jeder, der aus dem Brunnen trinkt, eines Tages nach Barcelona zurückkehren wird und zweitens, weil der Brunnen der offizielle Treffpunkt der Fans für alle Siegesfeiern des Barça ist. Die Tradition, die Siege des Clubs am Brunnen Font de Canaletes am nördlichen Ende der Ramblas zu feiern, geht zurück bis ins Jahr 1930. Damals befand sich gegenüber des Brunnens die Redaktion der Sportzeitung Diario deportivo La Rambla. Bevor Radio und Fernsehen Einzug in den Alltag hielten, wurden am Fenster der Redaktion die Ergebnisse der Fußballspiele ausgehängt – und die Fans des Barça begannen selbstverständlich genau dort zu feiern, wo wie sie die gute Nachricht erhalten hatten. (Foto: Font de Canaletas auf der Rambla. Autor: Enfo )
Weshalb weist die Kolumbusstatue mit dem Finger in Richtung Mallorca?
Wo Ramblas und Passeig de Colom an der Plaça de la Pau zusammentreffen, wurde 1888 anlässlich der Weltausstellung das 60m hohe Kolumbusdenkmal eingeweiht – und seither wird diskutiert, wohin der offizielle Entdecker Amerikas denn nun mit seinem ausgestreckten rechten Arm zeigt. Die Absicht Gaietà Büigas, der das Denkmal schuf, war wohl, Kolumbus nach Amerika weisen zu lassen. Vom Standpunkt des Denkmals aus betrachtet, liegt Amerika allerdings unglücklicherweise in Richtung Ramblas und Stadtzentrum, also in Gegenrichtung zum Meer. Und da ein ins Einkaufszentrum der Stadt weisender Kolumbus die Mehrzahl der Betrachter des Denkmals verwirren würde, weist sein Arm nun einfach aufs Meer hinaus. Manche behaupten, er zeige eben nicht in die Richtung, in die Kolumbus aufbrach, sondern in Richtung seiner Heimatstadt Genua, von wo er kam. Laut modernen, computergestützten Berechnungen zeigt Kolumbus allerdings weder nach Amerika noch nach Genua, sondern nach Mallorca. Vielleicht ein Zeichen dafür, dass auch vielbeschäftigte Menschen, die Großes leisten, gelegentlich einfach einmal Urlaub brauchen.
Wie wies man in früheren Jahrhunderten nicht alphabetisierten Matrosen, Soldaten und Besuchern der Stadt diskret den Weg zum nächsten Bordell?
Barcelonas grandiose Bauwerke und Denkmäler sind eine in Stein gemeißelte Erzählung der bewegten Geschichte der Stadt. Darüber hinaus hüten Barcelonas Gassen aber auch die Erinnerung an jene verschrobenen Details der Vergangenheit, denen die offizielle Geschichtsschreibung keine Beachtung schenkt.
Stellen Sie sich vor, Sie leben im 17. Jahrhundert und sind Matrose. Nach Monaten auf See sind Sie endlich in Barcelona an Land gegangen. Sie haben bereits gegessen und dem Wein in nicht geringem Maße zugesprochen, und nun steht Ihnen der Sinn nach mmmmh… Wie also finden Sie nun den Weg zum nächsten Bordell?
Vermutlich nicht durch eine geheime Inschrift an der nächsten Hauswand, denn Lesen und Schreiben sind Fähigkeiten, die im Wesentlichen Adeligen oder Priestern vorbehalten sind. Sie könnten natürlich nach dem Weg fragen, aber echte Männer fragen nicht nach dem Weg! Sie könnten auch einfach loslaufen und denken „ich find schon eins!“, aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie auf diese Art jede Menge Zeit verlieren. Eingedenk all dieser Hindernisse, entwickelte man in Barcelona ein Wegeleit-System, das Besuchern der Stadt schnell und unkompliziert den Weg zum nächsten Bordell wies: die Carassas.
Die Carassas sind in Stein gemeißelte Gesichter von Menschen oder Dämonen, die an Straßenecken angebracht, mit ihrem Blick den Weg in Richtung des nächsten Bordells wiesen. Einige davon sind in Barcelona bis heute erhalten, zum Beispiel am Carrer dels Mirallers im Born.
Wie kommt die Freiheitsstatue nach Barcelona?
Nunja, DIE Freiheitsstatue steht weiterhin auf Liberty Island im New Yorker Hafen und repräsentiert als Wahrzeichen der Vereinigten Staaten die Werte der Freiheit und Demokratie. Die 1886 eingeweihte Statue war ein Geschenk des französischen Volks an die Vereinigten Staaten. Eine 1889 erstellte Replik des Originals steht auf der Île aux Cygnes in Paris. Barcelonas Freiheitsstatue ist nur unwesentlich jünger, versteckt sich allerdings im Foyer einer Bibliothek im Eixample. Die Biblioteca Pública Arús war die erste öffentliche Bibliothek Barcelonas. Sie wurde 1895 von Rossend Arús eröffnet, der den Freimaurern nahe stand. Hier steht die 1894 in Auftrag gegebene Freiheitsstatue von Barcelona umgeben von Büchern, deren Bestimmung es war, den Bürgern der Stadt zu Bildung und somit zu einem freieren Bewusstsein zu verhelfen. Ganz in diesem Sinne lautet die Inschrift des Buches, das die Statue trägt: Anima Libertas – Freiheit der Seele. Wer Barcelonas Freiheitsstatue besichtigen möchte, konsultiere die Öffnungszeiten der Bibliothek hier.
Wo sind die Spuren des Bürgerkriegs bis heute deutlich spürbar?
Die schrecklichen Geschehnisse des Spanischen Bürgerkrieges haben nicht nur im kollektiven Gedächtnis, sondern auch in den Dörfern und Städten ihre Spuren hinterlassen. Zu den Orten in Barcelona, an denen die Geschehnisse jener Jahre bis heute auf eindrucksvolle Weise präsent sind, gehören die 1400 Luftschutzbunker, die für die Zivilbevölkerung errichtet wurden. Einige dieser Bunker, in denen die beklemmende Atmosphäre jener Jahre deutlich spürbar wird, können heute besichtigt werden. Der bekanntesten unter ihnen ist wohl Refugi 307 am Poble Sec. Im Gegensatz zu den meisten anderen Luftschutzbunkern wurden die Tunnel des Refugi 307 ebenerdig im Schutze eines Hangs des Montjüic ausgehoben.
Heute ist Refugi 307 Teil des Historischen Museums von Barcelona, das geführte Besichtigungen des Ortes anbietet.
Von welcher Tragödie zeugen die Löcher in den Wänden der Kirche Sant Felip Neri?
Ein weiterer Ort, an dem die Spuren des Bürgerkriegs deutlich sichtbar sind, ist die Plaça Sant Felip Neri im Gotischen Viertel. Der malerische, von Häusern im Renaissance-Stil umgebene Platz, ist vielleicht einer der schönsten des Barri Gotic. Ganz sicher ist er ein Ort, an dem die Tragödie des Spanischen Bürgerkriegs besonders nachvollziehbar wird. Am 30. Januar 1938 schlug hier eine Bombe ein, deren Splitter ihre Spuren für immer in den Wänden der Kirche Sant Felip Neri hinterlassen haben. Die Bilanz: 42 Todesopfer, die meisten von ihnen Kinder, die in der Kirche Zuflucht gesucht hatten.
Darf man Miró mit Füßen treten?
Grundsätzlich verdient Joan Miró natürlich nichts anderes also unser ungebremstes Interesse und unsere persönliche Ehrerbietung. Hiervon kann man sich zum Beispiel im Museum der Fundació Miró am Montjüic überzeugen. Konzipiert als Ort der Inspiration und Kunstforschung bietet das Museum Einblicke in das Werk des katalanischen Malers, der einen Großteil seines Lebens zwischen Paris und seinem Heimatdorf Montroig pendelnd verbrachte, stellt aber auch die Werke junger, innovativer Künstler aus.
Wer einen Miró hingegen mit der Erlaubnis des Meisters selbst, mit Füßen treten möchte, begebe sich zur Rambla und dort zur Pla de l’Os. Hier verwirklichte Joan Miró im Jahr 1976 seinen Traum, eines seiner Werke auf Barcelonas berühmtester Straße zu verewigen. Das Mosaik ist ein unverkennbarer Miró, allerdings wohl einer der robustesten, die der Künstler je geschaffen hat – und drüberlaufen ist erlaubt!
Welchen Rang nimmt Barcelona in der Weltrangliste der Städte mit den meisten Selfies ein?
Unter den Städten der Welt, in denen die meisten Selfies gemacht und in sozialen Netzen geteilt werden, belegt Barcelona den Platz 4, hinter London, New York und Amsterdam.
Mit Bezug auf die Fotografie hat Barcelona allerdings auch noch einige andere Rekorde zu bieten: Der Park Güell, Antonio Gaudís zauberhafte Hommage an die Natur, ist nicht nur eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt, sondern auch der meist fotografierte Ort Spaniens mit 168.068 fotos auf Instagram allein im Jahr 2015. Der Park Güell wird in diesem Ranking gefolgt vom Camp Nou-Stadion mit 153.461 Fotos auf Instagram und die Sagrada Família mit 128.039 Fotos.
Wie viele Straßen gibt es eigentlich in Barcelona?
Dies ist eine Frage, die sich vor allem ernsthaft interessierte Reisende und Touristen stellen, die nicht einfach nur Sehenswürdigkeiten abhaken, sondern das „echte Leben“ der Stadt kennenlernen möchten. Das geht ganz einfach, wenn man sich einfach treiben lässt und zu Fuß durch die Straßen und Gassen schlendert. Barcelona bietet ihnen 4.027 Straßen zu Auswahl. Zu den bekanntesten gehören der Passeig de Gràcia und die Rambla Catalunya, aber wenn die bekanntesten Straßen und Plätze abgehakt sind, bleiben Ihnen noch etwa 4.000 weitere zu erkunden. Von denen fangen übrigens 450 mit dem Buchstaben „C“ an, aber nur zwei mit dem Buchtstaben „Y“. Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei Ihrer ganz persönlichen Entdeckungstour durch Barcelona.
Auf, auf! Es gibt viel zu entdecken! Foto: Maciek Lulko auf Flickr, Lizenz: CC BY-NC 2.0
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