7 bewegende Familienausflüge zwischen Montsant und Ebrodelta

© Turisme Tarragona, Rafael López-Monné, Mariano Cebolla. Miguel Raurich

Der Landstrich zwischen dem Montsant-Gebirge und dem Ebrodelta ist ein geheimnisvoller Ort mit bewegter Vergangenheit. Auf der Suche nach der großen Stille zog es die frühen Mönche und Eremiten Kataloniens in die geheimnisvollen Kalklandschaften des Montsant-Gebirges. Hier entstand das legendenumwobene erste Kartäuserkloster Kataloniens in einem Gebiet, das als eines der letzten der arabischen Besatzung abgerungen wurde. Ganz in der Nähe liegt das Dorf Siurana, wo sich die Mauern einer einst als uneinnehmbar geltenden maurischen Festung in schwindelerregender Höhe an ein Felsplateau krallen. Im Jahr 1153 wurde sie als letzter moslemischer Fürstensitz Kataloniens erobert. Der Sage nach stürzte sich damals eine maurische Prinzessin auf der Flucht vor ihren christlichen Verfolgern mit ihrem Pferd von diesem Felsplateau in den Tod. Gut 70 Kilometer weiter südwestlich liegt das verwaiste Dorf Poble Vell de Corbera d’Ebre. Als eines der beeindruckendsten Mahnmale des spanischen Bürgerkrieges erteilt es seinen Besuchern eine wortlose Lektion in jüngerer Geschichte. Vielleicht möchten Sie aber auch einfach nur eine entspannte Radtour durch eine der schönsten Gebirgslandschaften Kataloniens genießen oder ganz gemütlich mit einem Treidelboot über den Ebro schippern, die Geschichte einer alten Templerburg kennenlernen, die Naturlandschaften des Deltas erkunden und die einzigartige regionale Küche genießen?  Dann lesen Sie weiter. Wir laden Sie ein zu einer Entdeckungsreise in eine Landschaft voller bewegender Geschichten.

Unsterbliche Legenden:Wandern zwischen Montsant und Muntanyes de Prades

Sagenumwoben: Siurana © Turisme Tarragona

Der Naturpark Montsant bildet gemeinsam mit den Muntanyes de Prades und dem Naturraum um Poblet ein Wanderrevier der Extraklasse für Familien. Seit jeher beflügeln die Kalksteinformationen dieser Berge die Fantasie der Menschen. Im Felsen gefangen sind „Die drei Geschworenen“ (els Tres Jurats), das Sesselchen (la Cadireta), der Bischof (el Bispe), der Totenkopf (el Cap de Mort) und viele andere unheimliche Gestalten, die nur darauf warten, erkannt und bei ihren Namen genannt zu werden. Unbedingt einen Besuch wert ist das Dorf Siurana in der Region Priorat, die nicht nur für ihre Wanderlandschaften, sondern auch für ihre D.O. Weinbaugebiete berühmt ist. Eingebettet in eine Landschaft von dramatischer Schönheit, krallen sich hier die Mauern einer einstigen maurischen Festung in schwindelerregender Höhe an ein Felsplateau.  Atemlos fällt von hier aus der Blick in die Tiefe auf den Fluss Siurana. Er folgt dem unvergesslichen Sturz jener Maurenprinzessin, die es vorzog, sich mit ihrem Pferd in wildem Galopp in den Abgrund zu stürzen, als sich von ihren christlichen Verfolgern gefangen nehmen zu lassen.

Tipp: Wanderweg der „Erinnerungen an Prinzessinen und Krieger“. Von Siurana aus führt der Wanderweg „Erinnerungen an Prinzessinen und Krieger“ (‚Records de Princeses i guerrers‘) über den Camí de la Trona zum Fluss hinab und von dort über den camí vell de Cornudella zurück ins Dorf. Länge: 5km, Dauer: ca. 3 Stunden, Schwierigkeitsgrad: mittel 

Poble Vell de Corbera d’Ebre:
Mahnmal der Schlacht am Ebro

Die Schatten der Vergangenheit in Poble Vell de Corbera d’Ebre © Rafale López-Monné

Die Schlacht am Ebro, die am 25. Juli 1938 begann und erst am 16. November 1938 endete, ist als eine der blutigsten und zermürbendsten Schlachten des Spanischen Bürgerkrieges in die Geschichte eingegangen. Das Land war gespalten in Anhänger der Republik mit ihrer linksgerichteten Regierung und den nationalistischen Anhängern Francos, die für den von Hitler unterstützen Faschismus standen. 130.000 Menschen verloren in diesem letzten Aufbäumen der Republikaner gegen die faschistische Übermacht ihr Leben. Das Netz der Ursachen dieser Tragödie durchzieht die gesamteuropäische Politik jener Epoche; die Wirkungen sind als stumme, in Stein gemeißelte Mahnmale der Zerstörung im Gebiet der Terres de l’Ebre (Ebrolandschaften) bis heute sichtbar. Zu den Schauplätzen der Ebroschlacht führt eine Wanderroute, deren Ausgangspunkt Poble Vell de Cobrera d’Ebre ist. Das alte Dorf wurde im Verlauf der Ebroschlacht durch Luftangriffe vollständig zerstört, die Bewohner siedelten in den unteren Teil der Gemeinde um und kehrten nie mehr zurück. Das zerstörte und unbewohnbare Poble Vell (alte Dorf) ist seit 1992 ein Mahnmal gegen den Krieg. Hinweistafeln geben Informationen zum Spanischen Bürgerkrieg und Cobrera d’Ebre – das Schweigen der verwaisten Ruinen vermittelt, was Worte nicht sagen können. Beeindruckende Einblicke in das Dorf und seine Geschichte erhält man auch bei einem Photowalk mit einem professionellen Fotografen, der Ihnen zeigt, wie man die Atmosphäre dieses besonderen Ortes richtig einfängt.
In der Region gibt es 5 Interpretationszentren zur Ebroschlacht, von denen das bekannteste „115 díes en Cobrera d’Ebre“ am besten geeignet ist, um Kindern einen ersten Einblick in diesen Abschnitt der spanisch-katalanischen Geschichte zu gewähren. Nähere Infos über die Schlacht und die Informationszentren unter: www.batallaebre.org

Wandern und Radfahren auf Grünen Wegen:
La Via Verda de la Val de Zafán

Via Verda de la Terra Alta: eine entspannte Radtour für die ganze Familie © Mariano Cebolla

„Erfolgreiche Handelsbeziehungen zu unterhalten fällt um Längen leichter, wenn man Zugang zum Meer hat“, dachte man sich Ende des 19. Jahrhunderts in Aragón. Doch die Region liegt bekanntlich im Landesinneren, was den Zugang zum Meer ein wenig erschwerte. Also begann man eine Eisenbahnlinie zu bauen.  Der Abschnitt von La Puebla de Híjar bei Teruel bis nach Tortosa wurde schon knapp 50 Jahr später, im Jahr 1942 eingeweiht. Allerdings stagnierten die Arbeiten am Streckenabschnitt von Tortosa bis zum Meer, was der Unternehmung sozusagen den Wind aus den Segeln nahm. Nach gut 30 Jahren wurde der Eisenbahnverkehr wieder eingestellt und die Region Aragón pflegt ihre Handelsbeziehungen nun auf anderen Wegen.
Dennoch war das „Projekt Eisenbahn“ letztlich ein voller Erfolg, stellt die inzwischen als „Grüner Weg“ hergerichtete Eisenbahntrasse doch eine touristische Infrastruktur dar wie man sie sich schöner nicht wünschen kann. Durch herrliche Naturlandschaften führt eine komfortable Rad-Wanderstrecke, die aufgrund der minimalen Steigung bestens für eine Tour mit der ganzen Familie geeignet ist. Wir empfehlen die insgesamt 24km lange Tour zwischen der verlassenen Bahnstation Pinell de Brai nach Arnes, die unter anderem durch „Pablo Picassos Horta de Sant Joan“ führt. Ein weiteres Highlight ist die Durchquerung des 749m langen Tunnels bei Prat del Comte. Weitere Infos unter: http://www.bahntrassenradwege.de/index.php?page=via-verde-de-la-terra-alta

Dem Meer entgegen:
Auf einem Treidelschiff über den Ebro

Auf einem Treidelschiff über den Ebro © Mariano Cebolla

Was den Katalanen heutzutage ihre komfortablen Autobahnen sind, war ihren Vorfahren vor einigen hundert Jahren der große Fluss Ebro: Ein Verkehrs- und Handelsweg und darüber hinaus eine angenehme Reiseroute durch wunderbare Landschaften. Alle wichtigen Waren, sei es Holz, Reis, Weizen oder Wolle, wurden auf sogenannten Treidelschiffen über den Ebro Richtung Küste transportiert. Das war bequem, denn die Strömung des Flusses treibt so ein Treidelschiff ganz entspannt flussabwärts. Allein flussaufwärts ist das Treideln ein wenig anstrengender, denn dann muss jemand den Kahn ziehen, und zwar gegen die Strömung. Am Ebro erledigten diesen Job in früheren Jahrhunderten Pferde, was für die Kultiviertheit der Katalanen in einer Zeit spricht, zu der man andernorts auch ohne zu zögern Menschen vor die Treidelschiffe spannte.
Auch heute kann man den Ebro per Treidelschiff erkunden, beispielsweise auf dem Llaüt (katalanisch für Treidelschiff) El Roget. Äußerlich gleicht El Roget den alten Treidelschiffen, doch er ist mit einigen komfortablen Elementen ausgestattet, auf welche die Reisenden vor 400 Jahren verzichten mussten. Zu diesen zählt nicht nur ein Motor, sondern vor allem die Audioguides, welche über Sehenswürdigkeiten am Fluss informieren,  zum Beispiel über das mittelalterliche Dorf Miravet. Die Geschichte seiner geheimnisvollen Templerfestung wird nicht nur die kleinen Besucher faszinieren.
Infos gibt es hier.

Ebroküche und Ebrokreuzfahrt

 

Genusstour auf dem Ebro © Mariano Cebolla

 Für alle, die nicht nur gerne Bötchen fahren, sondern darüber hinaus auch eine Vorliebe für regionale Fisch- und Reisspezialitäten haben, ist Casa Nuri der TopTipp. Das Restaurant ist berühmt für seine exzellente regionale Küche und verfügt außerdem über einige kleine Schiffe für „Kreuzfahrten“ auf dem Ebro. Unser Tipp: Buchen Sie die 45minütige Tour bis zur Ebromündung am Mittelmeer für den frühen Abend und genießen Sie die Magie des Lichts der Blauen Stunde!
Info: www.creuersdeltaebre.com

Was die Rohrdommel stört – Das Ebrodelta in Gefahr

Das Ebrodelta beherbergt ein Vielzahl empfindlicher Ökosysteme © Turisme Tarragona

Wenn der Mistral von Nordosten weht, ist die Sicht so klar, dass der Blick vom Gebirgsmassiv Els Ports über das gesamte Ebrodelta bis zum Meer reicht. Vor dem Auge des Besuchers erstreckt sich ein einzigartiges Ökosystem, dessen gefährdete Schönheit sich am besten bei einem Besuch im Interpretationszentrum MónNatura Delta erfassen lässt. Die Auen und Sumpfgebiete des Deltas bieten einer Vielzahl unterschiedlicher Vogelarten eine Heimat. Vor allem für Zugvögel ist das Ebrodelta ein wichtiger Ruheplatz, doch auch für die Standvögel, die gefiederten „Dauerbewohner“ des Deltas ist das Delta ein unersetzlicher Lebensraum. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts nahm das Ebrodelta jährlich etwa 10 Meter an Größe zu. Der Bau von Stauseen und die nun ausbleibende Zufuhr von Lehmsanden hat jedoch zur Konsequenz, dass das Delta heute im Rückzug begriffen ist. Der Lebensraum von etwa 360 verschiedenen Vogelarten ist in Gefahr.
Was das bedeutet, begreifen nur diejenigen wirklich, die sich die Zeit nehmen, die gefiederten Bewohner des Deltas näher kennenzulernen: Rohrweihe und Reiher, Rohrdommel, Zwergtaucher und Flamingo geben sich gerne die Ehre, wenn ungefiederte Zweibeiner auf den Beobachtungsplattformen in aller Stille das Fernglas zücken. Probieren Sie es aus und genießen Sie die Stille auf der Schwelle zwischen Himmel, Land und Meer am Ebrodelta.

Eva Hakes: