Die Tradition der Menschentürme, auf Katalanisch castells, hat ihren Ursprung Ende des 18. Jahrhunderts in Valls (Tarragona). Dort begannen zwei konkurrierende Gruppen – sogenannte colles – um die besten Figuren zu wetteifern. Aus diesem Wettstreit entstanden die Turmkonstruktionen, wie wir sie heutzutage kennen.
Erst einmal wollen wir euch die Bestandteile eines castells erläutern:
- PINYA – DIE BASIS
Die pinya genannte Basis dient der Stabilität des castells und hilft dabei, die Struktur zu stützen und zu kräftigen. Dort bauen die meisten Menschen mit, denn die gesamte Last ruht auf diesem breiten Fundament. Sollte die Struktur einstürzen, ist die Basis da, um den Aufprall zu mindern. Der äußerste Ring stützt die Basis mit nach vorne gestreckten Armen und kontrolliert den Aufbau.
- TRONC – DER STAMM
Dieser ist der sichtbare Teil des castells, dessen Schwierigkeitsgrad von Struktur und Höhe des troncs abhängt. Jede Ebene besteht aus der gleichen Anzahl von Personen, die zwischen 1 und 12 variieren kann.
- POM – DIE KUPPEL
Die aufsitzende Kuppel schließt den Stamm ab und hat immer die gleiche Struktur, unabhängig davon, welches castell gerade gebaut wird. Sie besteht aus zwei dosos (“Zweiern”), einem acotxador (“Hocker”) und einem enxaneta – ein Wort ohne Entsprechung im Deutschen.
Ein solcher Menschenturm zählt dann als komplett erbaut, wenn der enxaneta beide Füße auf die Kuppel setzt und den Arm zur aleta in den Himmel streckt. Diese Geste, das „Flügelchen”, ist ein ganz besonderer Moment.
Bekleidung
Eine weitere, wichtige Komponente der castells ist die entsprechende traditionelle Kleidung. Hervorzuheben ist das Hemd in der Farbe und mit dem Wappen der eigenen Gruppe. Die Kleinsten tragen seit einigen Jahren auch Helme, um Verletzungen vorzubeugen. Außerdem ist es ratsam, keinen Schmuck wie Uhren, Armbänder oder Ohrringe zu tragen.
Motto der Castellers
Zu guter Letzt wollen wir über das Motto der castellers sprechen. Dieses kommt zum ersten Mal im Chorlied “Els Xiquets de Valls” des Komponisten Josep Anselm Clavé vor und lautet “Força, Equilibri, Valor i Seny” – zu Deutsch “Kraft, Gleichgewicht, Mut und Verstand”. Genau diese sollten die Eigenschaften eines castellers sein.
● Kraft: Früher haben besonders korpulente Menschen bei den Menschentürmen mitgemacht. Obwohl es natürlich wichtig ist, körperliche Kondition zu haben, ist heutzutage eine gute Technik ausschlaggebend.
● Gleichgewicht: Da bei den castells Menschen aufeinander stehen und bei den meisten Figuren auch mehrere auf jeder Ebene, braucht es viel Gleichgewicht und großes Vertrauen in die Gruppe.
● Mut: Ohne Mut geht es natürlich nicht. Das gilt besonders für diejenigen, die hochklettern – und noch mehr für die Kinder – aber auch für diejenigen, die sich an der Basis beteiligen und das Gewicht halten.
● Verstand: Bei der Planung, bei jeder Probe und letztendlich bei der Aufführung ist es notwendig, dass jede Person mit viel Verstand dabei ist. Denn der Turm steht und fällt mit der Anstrengung und der Konzentration jedes einzelnen Mitglieds.