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Katalonien-Kino: Reise in ein Land,  das Filmgeschichte schrieb

Nur spärlich von Fackeln beleuchtet, führt die hohle Gasse abwärts. Eilige Schritte  hallen durch die Nacht, die sich plötzlich verlangsamen. Die Frau mit den roten Haaren steht still, gelähmt vor Angst.  Sie spürt, sie ist in tödlicher Gefahr. Im Schatten einer Nische verborgen wittert Jean-Baptiste Grenouille ihren Duft. Der Mörder wird nicht ruhen, bevor er  ihn ihr genommen hat.

Girona als Kinostadt

Wer die Carrer Sant Llorenç im alten Jüdischen Viertel von Girona hinabläuft, dem mag sich diese beklemmende Szene aus Tom Tykwers  Das Parfum unwillkürlich in die Erinnerung drängen. Kein Wunder, denn die verwinkelten Gassen des Call Jueu der Gironeser Altstadt bildeten die Kulisse mehrerer Szenen des Parfums.

Die in Pastellfarben gestrichene Häuserfront am Rio Onyar ist aus gutem Grund eines der beliebtesten Postkartenmotive Gironas:  Das malerische Flussufer ist so fotogen und farbenfroh, als wäre es von vorn herein als Filmkulisse entworfen worden. Das ist zwar nicht der Fall, dennoch ist es nicht nur auf Postkarten, sondern auch in einem Kinofilm verewigt: David Trueba führte Regie bei der Verfilmung des großartigen Romans Soldaten von Salamis von Javier Cercas, der die Wirren des spanischen Bürgerkrieges aus einem überraschenden Blickwinkel beleuchtet.

Die enge Beziehung Gironas zum Kino wird auch bei einem Besuch der Ausstellungen im Museu del Cinema offensichtlich. Hier gibt es unter anderem spannende Objekte der frühen optischen Kunst zu bestaunen, wie zum Beispiel Laterna Magica, Camera Obscura und Figuren für Chinesisches Schattentheater.

Girona Altstadt © Servicios Editoriales Georama

Die Routen des Kinos

Doch nicht nur Girona hatte im Laufe der Jahre den einen oder anderen unvergessenen Flirt mit dem Kino. Katalonien ist ein Land, das Filmgeschichte geschrieben hat. Dem entsprechend gehören die „Routen des Kinos“  zumindest für Filmfreaks zu den interessantesten Arten, die atemberaubende Vielfalt seiner Städte und Landschaften zu erkunden.

Durch den Alt Empordà

So führt die Route des Kinos durch den Alt Empordà, die in Girona ihren Startpunkt hat weiter nach Banyoles, das nicht nur Drehort entscheidender Szenen von Soldaten von Salamis war, sondern auch in der Realität ein Brennpunkt des Bürgerkrieges. Auf den Routen der Soldaten von Salamis, werden der Bürgerkrieg und seine Nachwirkungen auf einzigartige Weise erfahrbar.

Darüber hinaus ist Banyoles übrigens auch der Geburtsort von David Serra. Für diejenigen, denen der Name noch nicht bekannt ist: David Serra ist ein von der Kritik hochgelobter katalanischer Regisseur, dessen Film  El cant dels ocells (Birdsong) 2008 auf dem Cannes Film Festival vorgestellt wurde und im gleichen Jahr den Gaudí-Preis für den besten katalanischen Film erhielt.

Eine weitere Station auf der Kinoroute des Alt Empordà ist natürlich Figueres, Geburtsort Salvador Dalís, dem hier mit dem  durch und durch surrealen Teatre Museu Salvador Dali ein Denkmal von barocker Opulenz gesetzt wurde. Zwar wurde Dalí vor allem mit Malerei und Installationskunst bekannt, dennoch sollte man nicht vergessen, dass der Meister mit dem beeindruckendsten aller denkbaren Schnurbärte mit so unterschiedlichen Größen des Kinos wie Buñuel, Disney und Hitchcock zusammengearbeitet hat.

Blick auf den See Estany de Banyoles © Departament de Presidència de la Generalitat de Catalunya

Kino-Klassiker Costa Brava

Wo wir gerade von den Größen des klassischen Kinos des 20. Jahrhunderts sprechen, ihnen ist eine Route mit dem Titel Ava Gardner und Orson Welles an der Costa Brava gewidmet. In Tossa de Mar erinnert eine Bronze-Statue an Ava Gardners häufige Aufenthalte an der Costa Brava. 1951 drehte sie hier mit James Mason und Mario Cabré Pandora und der fliegende Holländer, der zum Kultfilm avancierte. Mit farbintensiven Bildern von fast ins Surreale übersteigerter Schönheit, förderte der Film jedoch nicht nur die Karriere der unvergesslichen Ava, sondern rückte auch die Costa Brava in den Blickpunkt des weltweiten Interesses.

Drei Jahre später drehte Orson Welles in im Restaurant Taverna de Mar von Sant Pol einige Szenen von Herr Satan persönlich (Mister Arkadin).  Das Werk, das einige strukturelle Ähnlichkeiten zum berühmten Citizen Kane aufweist, konnte trotz seiner filmischen Qualität keinen großen kommerziellen Erfolg erzielen. Dennoch hat Orson Welles diesen ersten Aufenthalt an der Costa Brava offenbar nicht bereut, denn wann immer er konnte, kehrte er hierhin zurück.

Damit ist noch immer nichts über die Kulturmetropole Barcelona gesagt, die ja bekanntlich von allem immer noch ein bisschen mehr zu bieten hat. Wie nicht anders zu erwarten, belegt Barcelona auch in puncto kinematographischer Präsenz mal wieder einen der ersten Ränge unter den Kinostädten der Iberischen Halbinsel.

Broncestatue von Ava Gardner ©Oficina de Turismo de Tossa de Mar

 

Woody Allens Barcelona

Zuletzt hat Woody Allen die Stadt nicht nur mit dem Titel, sondern insbesondere mit den Drehorten seines Filmes Vicky Cristina Barcelona in den weltweiten Fokus des Interesses gerückt.  „Als Stadt ihrer Träume“ erscheint Barcelona im Film zwei jungen Amerikanerinnen, die trotz ihrer delikaten amourösen Verstrickungen nicht müde werden, die modernistische Architektur, die Gassen und Plätze der Altstadt, das maritime Ambiente, die Gastronomie und die außergewöhnlichen Museen in vollen Zügen zu genießen. Wer Barcelona auf den Spuren Woody Allens erkunden möchte, findet hier den perfekten Plan.

Park Güell © Imagen M.A.S

 

Pedro Almodóvars Barcelona

Pedro Almodóvar drehte zwölf Filme nicht in Barcelona – beim Dreizehnten, das war schon klar, konnte er dann nicht mehr widerstehen. Wie von Almodóvar nicht anders zu erwarten, machte er aus dem verflixten dreizehnten Film einen der bedeutendsten seiner Karriere: Alles über meine Mutter erhielt sage und schreibe 50 Auszeichnungen von Filmakademien und auf Festivals. Wer den exzentrischen Protagonisten auf ihrer emotionalen Odyssee durch Barcelona folgen möchte, findet hier die passende Route.

 

Das Barcelona der Erasmus-Studenten

Barcelona ist für viele die Stadt ihrer Träume. Ein Erasmus Semester in der vielleicht facettenreichsten Stadt des Mittelmeerraumes ist da geradezu wie ein Sechser  im Lotto. Wie so etwas im einzelnen aussehen kann, zeigt der Film L‘Auberge Espagnole, in dessen Mittelpunkt eine WG von Erasmus-Studenten in Barcelona steht. Dieser kleine Turm von Babel amüsiert mit studentisch-chaotischem Lebensstil und feiert den Wert der Freundschaft über alle kulturellen Differenzen hinweg. Wer das Barcelona der L’Auberge Espagnole entdecken möchte, schaue sich hier um.

Darüber hinaus bietet die Website barcelonamovie.com noch eine ganze Reihe weiterer spannender Touren durch die Kinolandschaften Barcelonas an, das – um den Bogen zu schließen – auch einer der Hauptdrehorte von Das Parfum war. Aus Sicht der Filmcrew war Barcelona der ideale Ort, um ein Paris des 18. Jahrhunderts zu inszenieren. Wie alle Großen des Kinos ist eben auch Barcelona sehr wandelbar…

 

Markt am Pi Platz – Barcelona © Nano Cañas

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